Institut für Politikwissenschaft

 

 

Reinhard Bechmann /Werner Ruhnke

Qualitätsmanagement in ver.di

Inhaltsverzeichnis

1 Grundsätzliches *

2 Zielsetzung *

3 Projektbeschreibung *

3.1 Projektstruktur und -teilnehmer *

3.2 Vorgehensweise *

3.3 Projektergebnisse *

4 Öffentlichkeitsarbeit und Umsetzung *

5 Einschätzung der Ergebnisse *

 

1   Grundsätzliches

Mit der Gründung von ver.di war das Ziel verbunden, die Interessenvertretung der Mitglieder zu verbessern und die Arbeitsstrukturen der neuen Gewerkschaft effizienter zu gestalten als in den Gründungsorganisationen. Die Aufbauphase der neu gegründeten Organisation war und ist demgegenüber noch von Schwierigkeiten im personellen und strukturellen Aufbau gekennzeichnet. Stichworte sind hier z.B. unklare Zuständigkeiten im Rahmen der Matrix-Organisation, schlechte örtliche und telefonische Erreichbarkeit und Defizite in der Zuordnung von Personal und geeigneten Stellen. Gleichzeitig hat sich der Mitgliederrückgang der letzten Jahre fortgesetzt.

Um die darin erkennbaren Defizite der gewerkschaftlichen Leistungsfähigkeit zielgerichtet in Angriff zu nehmen, wurde im April 2002 das zweijährige Projekt "Qualitätsmanagement in ver.di" beispielhaft im Landesbezirk Berlin-Brandenburg gestartet. Die Finanzierung erfolgt aus dem so genannten Innovationsfonds von ver.di. Zu finanzieren war vor allem die externe Beratung, die überwiegend durch die Technologieberatung des DGB Berlin-Brandenburg e.V. erfolgte.

In vielen Unternehmen ist Qualitätsmanagement in den letzten 15 Jahren zu einem elementaren Bestandteil der Managementstrategien geworden. Das gilt nicht nur für Produktionsbetriebe, sondern auch für private Dienstleistungs-Unternehmen und öffentliche Verwaltungen. Auch sie stoßen zunehmend auf die Notwendigkeit, ihre Leistungen unter Qualitätsgesichtspunkten strategisch zu definieren, zu kontrollieren und zu verbessern, um sich ihren Kunden mit einem marktgerechten Preis-Leistungs-Verhältnis präsentieren bzw. ihre Finanzierung über Steuern und Abgaben rechtfertigen zu können.

Ähnliche Anforderungen werden auch an die Prozesse und Ergebnisse der Gewerkschaftsarbeit gestellt. Mitglieder und potenzielle Mitglieder machen ihr Verbleiben bzw. ihren Eintritt in die Organisation davon abhängig, wie sie den Nutzen und die Qualität der Leistungen von ver.di beurteilen.

Für die spezifischen Leistungen einer Gewerkschaft, wie z.B. die Betreuung von Betriebs- und Personalräten, die Beratung von Mitgliedern in Rechtsschutzfragen, die Durchführung von Veranstaltungen, die Interessenvertretung in Tarifkonflikten oder die Bildungsarbeit, müssen Qualitätsstandards definiert und in der täglichen Arbeit umgesetzt werden. Mit Qualitätsmanagement-Instrumenten lässt sich auch die dringend notwendige Vereinheitlichung vergleichbarer Leistungen zwischen den Organisationsgliederungen erreichen, ohne zu verkennen, dass unterschiedliche Mitgliedergruppen auch unterschiedliche Anforderungen stellen. Auch im Zusammenhang mit der Einführung von Budgetierung und Controlling muss die Frage nach den Qualitätsstandards beantwortet werden.

Gradmesser für eine hohe Qualität der Gewerkschaftsarbeit ist die Stärkung der Organisationskraft, d.h. steigende Mitgliederzahlen und Beitragseinnahmen sowie eine höhere Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Arbeitgebern und Politik. Dies kann nur gelingen, wenn die – sich allmählich auch wandelnden – Erwartungen und Einschätzungen der Mitglieder und der potenziellen Mitglieder in Bezug auf ver.di in regelmäßigen Abständen ermittelt und für eine laufende Anpassung von Qualitätsstandards und Leistungsprozessen genutzt werden.

Die negative Mitgliederentwicklung führt zwangsläufig zu finanziellen und damit personellen Einschränkungen. Eine unbefriedigende Personalausstattung darf aber kein Argument dafür sein, auf Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität zu verzichten. Im Gegenteil: Will man eine Spirale von Unzufriedenheit mit ver.di, Austritten und noch weniger befriedigenden Leistungen stoppen, ist eine breitangelegte Diskussion der Qualität und Qualitätsstandards in ver.di überlebensnotwendig. Die Strategie zur Umkehrung des Mitgliederschwundes bedeutet: kritische Prüfung der eigenen Leistungen, Verbesserung der Qualität in den Feldern, die bei den Mitgliedern und den potenziellen Mitgliedern im Zentrum des Interesses stehen.

Dabei müssen auch die gewerkschaftspolitischen Erfolge und Misserfolge auf den Feldern der Tarif-, Unternehmens- und Arbeitsmarktpolitik ins Blickfeld der Qualitätsdiskussion und Modernisierung der Gewerkschaftspolitik gerückt werden. Denn die abschreckende Vision, dass die besondere Leistung (der Gewerkschaft) darin besteht, mit einem besseren Serviceangebot – womöglich rund um die Uhr – materiell schlechte Tarifverträge und die Erosion des kollektiven Arbeitsrechts kompetent zu erklären und damit zum "ADAC für Arbeitnehmer" zu degenerieren, muss durch die Förderung einer kritischen politischen Willensbildung und Stärkung der politischen Kampfkraft abgewendet werden. Methoden des Qualitätsmanagements können dazu einen Beitrag leisten.

 

2      Zielsetzung

Als Konsequenz der beschriebenen Problemstellung wurden mit dem Projekt die folgenden Ziele angestrebt:

-  Erhöhung des Bewusstseins über die Bedeutung der Qualität der Gewerkschaftsarbeit bei ehren- und hauptamtlich Beschäftigten von ver.di

-  Verständigung auf strategisch wichtige Leistungen von ver.di im Rahmen der am Projekt beteiligten Organisationsbereiche, also Ermittlung derjenigen Leistungen, die als wichtig für die Zufriedenheit und Anwerbung von (Neu-) Mitgliedern eingeschätzt werden und auch von den Zielgruppen als solche bestätigt werden

-  Verständigung auf konkrete Qualitätsziele und Qualitätskriterien für die strategisch wichtigen Leistungen

-  Verständigung auf verlässliche Methoden zur Messung und Beurteilung der tatsächlich erreichten Qualität, die sowohl von Hauptamtlichen als auch von Ehrenamtlichen ohne Probleme nachvollzogen werden können

-  Entwicklung von Verfahren zur Qualitätssicherung und -verbesserung inkl. ihrer Dokumentation, die nicht nur für den jeweiligen Organisationsbereich nützlich sind, sondern auch auf andere Bereiche bzw. Regionen übertragen werden können

-  Erstellung einer Arbeitshilfe zur Einführung einer allgemeinen ver.di-Qualitätsmanagement-Strategie in den Fachbereichen und auf den Ebenen

-  Prüfung der Anwendbarkeit und ggf. geeigneten Anpassung weiterer typischer Instrumente des Qualitätsmanagements für ver.di, wie z.B. Vorschlags- und Beschwerdemanagement oder Qualitätskostenvergleiche (sog. Benchmarking)

-  Qualifizierung von ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zu aktiven Trägern und Multiplikatoren bei der Umsetzung des Qualitätsmanagements in ver.di.

Bei allen Zielsetzungen ist zu berücksichtigen, dass ver.di kein hierarchisch geführtes Unternehmen ist, in dem einmal ermittelte Ziele und Vorgaben von oben nach unten durchgesetzt werden können. Vielmehr müssen sowohl Ziele und Schwerpunktsetzungen als auch Arbeitsverfahren und Bewertungskriterien einem laufenden Diskussions- und Anpassungsprozess zugänglich sein, dessen Offenheit und Transparenz selbst ein Kriterium für Qualität der Gewerkschaftsarbeit darstellt. Die Notwendigkeit, dennoch zentrale Kernaufgaben stringent zu erfüllen, weist dabei auf die Gratwanderung hin, möglichst alle zu beteiligen und in einem angemessenen zeitlichen Rahmen zu einem Konsens und zur Umsetzung von Qualitätsverbesserungen zu kommen. Mit der Verständigung auf Qualitätsziele und Verfahren zu ihrer Umsetzung wird auch ein Beitrag zum weiteren Zusammenwachsen der noch unterschiedlichen Organisationskulturen aus den fünf verschiedenen Gründungsgewerkschaften geleistet. Gerade mit der gemeinsamen Neudefinition von Qualitätsanforderungen und Arbeitsabläufen können die verschiedenen Arbeitsweisen auf den Prüfstand gestellt und praktische Erfolge auf neuen Wegen organisiert werden.

3   Projektbeschreibung

Mit der Gründung von ver.di wurde in der gesamten Organisation eine Diskussion über die Neuordnung der Arbeit angestoßen, bei der die Gremien der Ebenen und der Fachbereiche ihre Politik- und Aufgabenfelder auf Basis der in der Satzung beschriebenen Ziele und Leistungen definieren. Die Beschreibung von anzustrebenden Zielen und die sich daraus ableitenden Aufgaben sind die Basis für die Beantwortung der Frage, in welcher Qualität gewerkschaftliche Leistungen erbracht werden sollen.

3.1  Projektstruktur und -teilnehmer

Als zentrale Träger der Arbeit haben sich aus verschiedenen Organisationseinheiten – den so genannten Qualitätsbereichen – auf freiwilliger Basis ca. 10 Qualitäts-Teams gebildet, die durch externe Berater in ihrer Arbeit begleitet und unterstützt werden. Eine Steuerungsgruppe aus ca. 8 - 10 ehren- und hauptamtlichen Mitgliedern von ver.di inkl. Betriebsrat hat bei der Auswahl und Gründung der Qualitätsteams mitgeholfen. Sie hat weiterhin die Planung und Organisation des Projektes unterstützt und zum Transfer der Ergebnisse zwischen den einzelnen Qualitätsbereichen beigetragen.

Der Landesbezirksvorstand und die Landesbezirksleitung werden regelmäßig über den Verlauf der Projektarbeiten informiert.

Thematisch haben sich die Qualitätsteams jeweils eigene Schwerpunkte gesetzt, die sich aus ihrem konkreten Arbeitsfeld ergeben. Die Qualitätsteams in den Bezirken, Querschnitts- oder Fachbereichen sind die eigentlichen Träger des Veränderungsprozesses vor Ort. Unter Verwendung der Instrumente des Qualitätsmanagements haben sie zu den selbst gewählten Qualitätsfragen Lösungen entwickelt und ihren jeweiligen Vorständen bzw. Leitungsebenen zur Umsetzung vorgestellt.

Die Technologieberatung des DGB Berlin Brandenburg e.V. begleitet als externe Beratungsorganisation den Prozess und hat dabei insbesondere die folgenden Aufgaben übernommen:

- Qualifizierung und Beratung der Steuerungsgruppe in allen Fragen der Umsetzung des Projektes,

- Qualifizierung und Beratung der Mitglieder der Qualitätsteams,

- Moderation der Sitzungen der Qualitätsteams,

- Planung und Durchführung verschiedener Befragungen und

- Dokumentation der Ergebnisse.

Sie unterstützt den gesamten Prozess auch mit dem Blick von außen. Die Einbindung externer Fach-Berater hilft, die Erfahrungen aus anderen Organisationen sowie aus wissenschaftlichen Projekten einzubinden.

3.2   Vorgehensweise

Vor dem Hintergrund der Organisationsziele, die sich aus der ver.di-Satzung, den Richtlinien und Beschlüssen der Organe ergeben, wurden konkrete Qualitätsziele und -kritierien definiert. Hierzu konnte auf die Erfahrungen und Ergebnisse von Projekten in den Gründungsorganisationen zurückgegriffen werden.

Folgende Bestandteile einer Qualitätsstrategie sind im Rahmen des Projektes beispielhaft entwickelt worden:

Schritte der Einführung:

In den einzelnen Qualitätsbereichen folgte die Einführung des Qualitätsmanagements grundsätzlich folgenden Schritten:

1. Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes und akuter Qualitätsmängel,

2. Festlegung der angestrebten Qualitätsstandards (Qualitätsziele),

3. Planung der Maßnahmen zur Erreichung der Standards,

4. Beurteilen des Erfolgs beim Erreichen der Qualitätsstandards.

Festlegung der Qualitätsverantwortung:

In den einzelnen Qualitätsbereichen war zu klären, wer für welche Dienstleistungen und welche politischen Aktionen verantwortlich ist. Auch wenn die jeweiligen Vorstände bzw. die Landesbezirksleitung die grundsätzliche Verantwortung behalten, muss die Verantwortung im Hinblick auf die Qualität der (politischen) Arbeit z.B. mit Aufgaben-/ Funktionsbeschreibungen oder Zielvereinbarungen an die jeweiligen Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen delegiert werden.

Definition der relevanten Leistungen:

Aus dem breiten Spektrum der Leistungen des jeweiligen Bereichs gemäß Satzung und politischen Beschlüssen wurden diejenigen ausgewählt, die für den Fortbestand der Organisation (also besonders für die Stärkung der Organisationskraft) unter dem Gesichtspunkt der Qualität besonders wichtig sind. Es ging um Schwerpunktsetzungen im Rahmen des Projektes, die eine Konzentration der Kräfte auf erfolgversprechende Maßnahmen ermöglichen.

In der Definition der Leistungen sollte sich die Eigenschaft einer Gewerkschaft niederschlagen, bei der es sich um die Organisierung von Solidarität und Durchsetzung gemeinsamer Interessen und nicht um die Herstellung vorab (quasi ingenieurmäßig) definierter Produkte handelt. Die Unterstützung der Mitglieder bei ihrer Meinungsbildung, Entwicklung und Durchsetzung von Forderungen und Positionen und deren Vertretung im politischen Raum erfordert vor allem prozessuale Leistungen eines demokratischen Verständigungs-Prozesses. Zugleich waren aber auch für die im Bereich individueller Dienstleistung angesiedelten Aufgaben, wie z.B. Rechtsberatung, Information und Schulungen, konkrete Qualitätsmerkmale und Verbesserungsstrategien zu entwickeln.

In folgenden Bereichen sind daher Instrumente des Qualitätsmanagements zum Einsatz gekommen:

Qualitätsbereich

Ziel

Methode

Standards?

Bildung

Seminarorganisation verbessern

Externe Beratung zu Software-Einführung

nein

Bildung

Erhöhung der Teilnehmerzufriedenheit

Q-Team, Teilnehmer-Feedback

ja

Landesbezirks-Jugend

eigene Homepage

Q-Team

ja

Bezirk Cottbus

Erreichbarkeit

verbessern

Q-Team, Mitglieder-Befragung

ja

Bezirk Cottbus

Betreuungsstandards für Gewerkschaftssekretäre

Arbeitsberatung

ja

Metro

Dienstleistungen

Verbesserung der Vertrauensleute-Arbeit

Q-Team, Vertrauensleute-Seminar

ja

Bezirk Berlin und Landesbezirk

Erreichbarkeit

verbessern

Q-Team,

ja

Bezirk Berlin und Landesbezirk

Elektronische Kommunikation verbessern

Q-Team

nein

Rechtsschutz

Beratungsqualität

erhöhen

Q-Team, Mandanten-Befragung

ja

Rechtsschutz

Terminverwaltung und Aktendatei verbessern

Q-Team, Software-Einsatz

nein

Berliner

Stadtreinigung

Mitgliederzahlen erhöhen

Q-Team

Schulung

ja

Landesbezirk

Internetseiten verbessern

Arbeitstagungen

ja

Präsidium des Landesbezirksvorstands

Arbeitsorganisation

verbessern

Externe Beratung

nein

Landesbezirksleitung

Arbeitsorganisation

verbessern

Externe Beratung

ja

Vorschlags- und Beschwerdemanagement

Einführung

Arbeitstagung

ja

 

Qualitätsziele und -kriterien:

Für die einzelnen ausgewählten Leistungen wurden Qualitätsziele und -kriterien entwickelt. Dabei ging es zunächst um die Beschreibung, welche Qualität gewünscht wird. Als relativ schwierig hat sich die Verständigung auf messbare Größen der Leistungserstellung herausgestellt, mit denen eine Überprüfung bzw. Beurteilung möglich ist, wieweit die Qualität realisiert ist und worin genau noch Defizite bestehen.

Methoden zur Messung und Beurteilung der Qualität:

Entsprechend den definierten Qualitätskriterien wurden Verfahren und Methoden zur Messung und Beurteilung der Qualität vereinbart. Im Unterschied zur Herstellung standardisierter Produkte konnten sog. objektive Methoden, z.B. in der Form von Fehler- und Erfolgs-Statistiken, nur vereinzelt verwendet werden (z.B. Abrufstatistiken als Erfolgsmerkmal von Internet-Auftritten). Im Mittelpunkt steht vielmehr die (subjektive) Beurteilung durch die Adressaten, d.h. vor allem die Beurteilung der Leistungsqualität seitens der Mitglieder und der Beschäftigten. Im Zuge dieser Befragungen konnten neben den Beurteilungen auch Ideen zur Verbesserung der Leistungen gewonnen werden.

Im Einzelnen sind folgende Befragungen durchgeführt worden:

a. Mitglieder-Befragungen zur telefonischen Erreichbarkeit im Bezirk Cottbus sowie im Bezirk Berlin und im Landesbezirk

b. Beschäftigten-Befragung im gesamten Landesbezirk zur Beurteilung der jeweils eigenen Leistungsqualität und Arbeitsbedingungen sowie der Leistungsqualität des Landesbezirks insgesamt

c. Feedback-Bewertung der Teilnehmer an Bildungsveranstaltungen

d. Befragung der Mandanten des ver.di-Rechtsschutzes zur Qualitätsbewertung der Rechtsschutz-Leistungen

e. kurze Internet-Befragung zur Klärung von Schwerpunkten aus Sicht der interessierten Öffentlichkeit (größtenteils ver.di-Mitglieder).

Eine wichtige Grundlage zur Feststellung des Ist-Zustandes und der angestrebten Qualitätsstandards (Ziele) ist auch die Selbstbewertung der ehren- und hauptamtlichen Beschäftigten, sei es in den Qualitätsteams, sei es durch strukturierte Interviews der Beschäftigten. Sie trug – nicht nur zu Beginn der Arbeit – dazu bei, Defizite und Stärken der eigenen Leistungen zu erkennen und wirkungsvolle Verbesserungsvorschläge zu machen. In einzelnen Fällen (z.B. Bewertung von Internet-Auftritten) haben auch Expertenbewertungen nach vorab definierten Kriterien zu hilfreichen Beurteilungen geführt.

Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -verbesserung:

Angesichts des steten Mitgliederschwundes durften die Qualitäts- und Leistungsverbesserungen nicht erst am Ende eines längeren Analyse- und Diskussions-Prozesses stehen. Auch aus Gründen der Motivation in den Projekt-Einheiten waren erste Erfolge zu einem möglichst frühen Zeitpunkt von großer Bedeutung. Daher wurden in den meisten Teams recht schnell erste Verbesserungsmaßnahmen vereinbart und umgesetzt.

Als flankierende Maßnahme sollte ein fest verankertes Beschwerde- und Konfliktmanagement aufgebaut werden. Jede Beschwerde und jeder Konflikt tragen Elemente einer Diskrepanz zwischen Erwartungen und tatsächlichen Leistungen der Organisation. Kritik kann bei entsprechender Auswertung und Analyse ein positives Element und die Quelle von sinnvollen Verbesserungsvorschlägen sein.

Standardisierte Verfahren:

Während bei etablierten Qualitätsmanagement-Systemen (z.B. ISO 9001) der Dokumentation von standardisierten Abläufen und Qualitätskriterien in der Form eines Qualitäts(management)handbuchs große Bedeutung beigemessen wird, wurde dies bei der Einführung von QM in ver.di nicht als zwingend erforderlich angesehen. Damit werden u.E. besonders am Anfang zu viele Ressourcen gebunden. Für ausgewählte Leistungen und Abläufe wurden konkrete Organisationsstandards festgelegt (z.B. telefonische Erreichbarkeit oder Aktualisierung von Internet-Auftritten, s. Tabelle).

Qualifizierungsmaßnahmen:

Sowohl die formalen Verfahrensweisen wie auch die Zusammenarbeit im Rahmen der Qualitätsteams waren Gegenstand von Schulungs- und Diskussionsveranstaltungen mit den Beschäftigten sowie mit den am Projekt beteiligten Ehrenamtlichen. Während der Laufzeit des Projektes wurden außerdem die folgenden Arbeitstagungen durchgeführt:

- November 2002: Erfahrungsaustausch über den Stand des Projektes,

- März 2003: Mitgliederwerbung und Beschwerdemanagement,

- September 2003: Verbesserung der Qualität von Internetauftritten,

- November 2003: Qualitätsmanagement für Internet-Auftritte gemeinsam mit der Internetredaktion der Bundesverwaltung.

- Februar 2004: Arbeitstagung zum Qualitätsmanagement für Betriebs- und Personalräte.

Verschoben wurde eine geplante Arbeitstagung für die Verbesserung der Qualität der Arbeit in Vorständen der ver.di-Gremien.

Vernetzung:


Durch die Zusammenarbeit mit anderen Projekten der OE/PE in ver.di konnten die gesammelten Erfahrungen ausgetauscht werden.

3.3     Projektergebnisse

Auf Basis der beschriebenen Qualitätsstrategie werden folgende Ergebnisse am Ende des Projektes vorliegen:

1. In einigen beteiligten Bereichen sind Qualitätsteams eingerichtet, die mit ihrem Wissen eine Grundlage für eine weiterreichende Einführung des Qualitätsmanagements in ver.di bilden.

2. In den Qualitätsbereichen sind spürbare Verbesserungen in der Leistungsqualität erreicht worden, die auch für andere Organisationsbereiche des Landesbezirks und darüber hinaus motivierend wirken können.

3. Das Konzept für die Einführung von Qualitätsmanagement in den aktiven Bereichen bildet die Grundlage für eine ähnliche Strategie in anderen Einheiten von ver.di. Die Qualifizierungsbausteine, die Beschreibungen der Leistungen, Qualitätsziele, Arbeitsabläufe und Bewertungsverfahren können dort weiterverwendet werden.

4. Mit der Entwicklung eines Verfahrens zur Online-Befragung der Mitglieder können mit geringem Aufwand auch weiterhin regelmäßige Qualitätsbeurteilungen organisiert und ausgewertet werden.

4       Öffentlichkeitsarbeit und Umsetzung

Mit Hilfe eigener Publikationen, der Teilnahme an ver.di-Veranstaltungen und mit Beiträgen in den ver.di-Print- und elektronischen Medien wurden das Projekt und seine Ergebnisse innerhalb von ver.di bekannt gemacht und eine Diskussion über die Chancen des Qualitätsmanagements angeregt. Dabei wurden insbesondere die Möglichkeiten des Intranets und des Internets (www.qm.verdi.de) genutzt. Mehrfach kamen auch Rückmeldungen, Wünsche und Anregungen von ver.di-Mitgliedern, die von dem Projekt erfahren haben. In der Schlussphase des Projekts soll die Öffentlichkeitsarbeit noch intensiviert werden.

Eine regelmäßige Berichterstattung erfolgte auch in den Gremien der beteiligten Organisationsteile sowie im Landesbezirksvorstand und in der Landesbezirksleitung.

Die praktischen Projekt-Schritte werden in einer Arbeitshilfe zum Qualitätsmanagement dokumentiert, die neben verschiedenen Bausteinen zur Qualitätssteigerung auch methodische Hinweise zur Arbeit in den Qualitätsteams enthält. Der Abschlussbericht wird sowohl für die interne Verwendung in ver.di wie auch als Präsentationshilfe im weiteren gewerkschaftlichen und wissenschaftlichen Raum konzipiert.

5           Einschätzung der Ergebnisse

Unumstritten ist bei haupt- und ehrenamtlichen "verdianern" die Bedeutung der Qualität der Gewerkschaftsarbeit. Unterschiedlich ist allerdings die Einschätzung, wie hoch der Qualitätsstandard ist und wie er sein sollte, warum und wie man ihn misst und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Gewerkschaftsarbeit ergriffen werden sollen.

Unterentwickelt ist nach wie vor die Kenntnis über Qualitätsmanagement und seinen Nutzen in der Gewerkschaft, wenn man es nicht als starres Abarbeiten formaler Regeln begreift, sondern als plan- und regelmäßigen Vergleich zwischen gemeinsamen Zielen, eigenem Tun und den Erfolgen dieser Arbeit, um daraus Schritte zu größerem Erfolg abzuleiten. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der eher zögerlichen Projekt-Beteiligung aus dem Kreis der Betreuungs-Fachbereiche. Und es gilt selbst für Kolleginnen und Kollegen, die in ihrem Unternehmen/ihrer Verwaltung ständig mit Qualitätsmanagement zu tun haben. Unzureichend ist nach wie vor die Erkenntnis, dass ein wesentlicher Teil der Probleme der Gewerkschaften, nämlich sinkende Mitgliederzahlen, maßgeblich mit mangelnder Qualität der Gewerkschaftsarbeit zu tun hat.

Die Einführung und kontinuierliche Anwendung von Qualitätsmanagement in einem Unternehmen hängt von der Qualität der Führung ab. Das trifft auch auf die Gewerkschaft zu. Das Projekt "Qualitätsmanagement in ver.di" ist von den Führungsgremien des Landesbezirkes unterstützt worden. Das Präsidium des Landesbezirksvorstandes und die Landesbezirksleitung haben sich darüber hinaus als eigene Qualitätsbereiche an dem Projekt beteiligt und wollen sich weiterhin für die Stabilisierung des Qualitätsmanagements einsetzen.

Als vorteilhaft hat sich erwiesen, dass ein Mitglied des Präsidiums beruflich mit Fragen der Bürgerfreundlichkeit und Qualitätsmanagement in der Berliner Landesverwaltung zu tun hat und diese Kompetenz in die Projektarbeit eingebracht hat. Der Leiter des Projektes nimmt, wenn auch in anderer Funktion, an den wöchentlichen Sitzungen der Landesbezirksleitung teil. So ist der erforderliche enge Kontakt zur politischen Führung hergestellt.

Den Mitarbeitern und Akteuren des Projektes wurde einerseits im Rahmen der freiwilligen Beteiligung ein weitgehender Spielraum für alle Aktivitäten gelassen. Dadurch sind wichtige Vereinbarungen und Verbesserungen der Leistungsqualität erreicht worden. Andererseits wurde deutlich, dass das Bemühen um Qualitätssteigerung rasch wieder erlahmt, wenn der äußere Anstoß fehlt.

So ist es trotz der alles in allem guten Voraussetzungen bislang nicht ausreichend gelungen, Qualitätsmanagement als ständige Praxis zu implementieren. Das hat maßgeblich damit zu tun, dass QM im Wettbewerb der Anforderungen an die Führungskräfte (gemeint ist nicht nur die Landesbezirksleitung) nicht das entsprechende Gewicht gegeben wird. Führung erfolgt quasi in einer Feuerwehrfunktion: Wenn es brennt, wird nicht über die Qualität des Brandschutzes nachgedacht. Und es brennt oft! Wie gewinnt eine Organisation und deren Führung die Kraft, die Qualität der Arbeit zu steigern, um in Zukunft "Brände" besser zu bekämpfen oder gar zu vermeiden?

Um auf diese Frage eine fundierte Antwort geben zu können, reicht angesichts der Rahmenbedingungen ein zweijähriges Projekt nicht aus. Darum wurde inzwischen beim Innovationsfond ein Antrag zur Verlängerung des Projektes gestellt. Dabei soll der Schwerpunkt in der Vertiefung und Verbreiterung der gewonnenen Erkenntnisse liegen. In stärkerem Umfang als bisher sollen ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen einbezogen werden.

Mitglieder, Vertrauensleute, in Vorständen der Ebenen und Fachbereiche Engagierte sollen sich für Qualitätsfragen verantwortlich fühlen und sich bei Qualitätsmängeln für deren Beseitigung mitverantwortlich fühlen. Ehrenamtliche erfahren zumeist zuerst, welche Kritik Mitglieder und potentielle Mitglieder an der Arbeit der Organisation haben. Vertrauensleute, Betriebs- und Personalräte sowie Mitglieder in Vorständen sind selbst "Kunden" aber auch "Dienstleister" der Organisation, die sich darin von gewerblichen Unternehmen unterscheidet.

Zur Vertiefung von Qualitätsmanagement in der Gewerkschaft gehört deshalb insbesondere die Einbindung der Betriebs- und Personalräte und anderer gesetzlicher Interessenvertretungen, deren Bedeutung in Zukunft noch zunehmen wird. Darum wurde eine Initiative für ein entsprechendes Projekt bei der Hans-Böckler-Stiftung ergriffen.