Institut für Politikwissenschaft

 

Forum 1:   Erfolgsbedingungen gewerkschaftlicher Projekte im IT Sektor

 

Teaser connexx.av/ Wille Bartz, Projektleitung

Was zum Teufel ist connexx.av?

 

Blöde Frage, werden Sie jetzt sagen, ist doch klar: connexx.av ist ein innovatives Projekt von Verdi, wird aus dem Innovationsfond der Organisation finanziert und hat in den Medien ordentlich für Furore gesorgt, weil es irgendwie erfolgreich, irgendwie anders ist.

Ich will Ihnen etwas verraten: Was connexx.av wirklich ist, kann ich Ihnen auch nicht genau sagen. Eine Menge schlauer Leute versuchen das schon seit einiger Zeit heraus zu bekommen – nicht zuletzt auch mit (finanzieller) Unterstützung des hiesigen Veranstalters.

Bevor ich nun fortfahre, die Diskussion „anzuteasen“, wie wir im Rundfunk zu sagen pflegen, möchte ich aber eines unbedingt vorwegschicken:

In der Kürze der Zeit kann ich nur fragmentarisch Appetithappen in die Runde werfen, mehr ist vielleicht in der folgenden Diskussion oder am Rande dieser Tagung denkbar, sofern Interesse besteht.

Eine genaue Beschreibung dessen, was connexx.av ist, wie es funktioniert, worin seine Stärken und Schwächen liegen wird zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch niemand so genau sagen können, aber eines steht schon mal fest: Wenn der Titel dieser Arbeitsgruppe richtig ist, bin ich falsch hier! – Warum???  Weil die Beschäftigten im IT Sektor nicht zur Bezugsgruppe von   connexx.av gehören.

Ich gehe aber mal davon aus, dass eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Problemen im IT Sektor und im Medienbereich besteht. Somit sind sicherlich auch diverse Ansätze, Planungen, Erfahrungen und Schwierigkeiten von connexx.av verallgemeinerbar.

Kurzer Rückblick

connexx.av wurde 1999 von der damaligen IG Medien und DAG gegründet. Ursprünglich, um die Beschäftigten des Privaten Rundfunks – also Radio und Fernsehsender -,  der Filmproduktionen und der audiovisuellen Dienstleister zu betreuen. Aufgrund der Ähnlichkeit der Bezugsgruppe und Branche kam 2001 der Bereich  Neue Medien hinzu. Das Projekt wurde bei der ver.di Gründung in die Organisation integriert.

In den ersten zwei Jahren arbeiteten vier ProjektmanagerInnen an den Standorten Hamburg, Berlin, München und Köln. Die bundesweite Koordination wurde durch die Projektleitung geleistet. Sie bestand aus drei Gewerkschaftssekretären, die für diese Arbeit Teilfreistellungen erhalten hatten. Eine Assistentin unterstützte die Leitung vom Frankfurter Koordinationsbüro aus.

Die Erweiterung

Mit der Verdi Gründung wurde das Projekt sowohl personell als auch finanziell erheblich ausgeweitet. Hintergrund war die außergewöhnlich starke Nachfrage nach Betreuungsarbeit durch die ProjektmanagerInnen vor allem auch im New Media Bereich. Seit 2002 griff die Erweiterung sukzessive, wenn auch teilweise in der für eine so große Organisation sehr schwerfälligen Art. Heute arbeiten acht ProjektmanagerInnen und fünf Verwaltungsangestellte im Team von connexx.av. Koordiniert wird das Projekt vom Projektleiter mit Unterstützung der Projektassistentin. Die Standorte wurden um den Raum Leipzig,/Halle/Dresden erweitert. Überhaupt setzten wir nach der Erweiterung geografisch gesehen noch stärker auf das „Raumdenken“.

Als Räume wurden definiert:

        Hamburg/Hannover

        Berlin/Potsdam

        Leipzig/Halle/Dresden

        München/Stuttgart

        Köln/Düsseldorf/Dortmund

Die Räume sind als die geografischen Bezugs- und Einsatzräume für die jeweiligen ProjektmanagerInnen beschrieben. Hier findet überwiegend die persönliche Betreuungsarbeit statt. Dies ist der unmittelbare Aktionsraum.

Das Know How, die geballte Fachkompetenz des gesamten Teams von connexx.av steht über unser „virtuelles Büro“ an jedem Standort sehr rasch zur Verfügung.

Was heißt das genau?

Es liegt auf der Hand, dass nicht jede ProjektmanagerIn in allen fachlichen Fragen hochspezialisiert sein kann. Wir haben sowohl bei der Personalauswahl als auch bei unseren Weiterqualifizierungsmaßnahmen ein besonderes Augenmerk auf die jeweils unterschiedliche Spezialisierung gelegt. Allein anhand unseres Kommunikationsmanagement, dem wir hohe Priorität einräumen, ist diese Spezialisierung ablesbar. In unserem Handbuch „Image is Identy“ können Sie diese unterschiedlichen Aufgabenzuteilungen auf Seite 27 nachlesen.

Gleichermaßen verhält es sich aber auch mit den eher klassischen Aufgaben, die wir im Dialog mit unseren Bezugsgruppen parat haben müssen. Einige Spezialisierungsbereiche, die wir hier herausgefiltert haben, möchte ich beispielgebend aufführen:

  • Konzernbetriebsräte, Aufsichtsräte
  • Tarifverträge im Privaten Rundfunk
  • Beschäftigungsbesonderheiten im Filmgeschäft und die entsprechenden Tarifgepflogenheiten
  • Arbeitsbedingungen, Interessensvertretungen im Bereich Neue Medien
  • Seminarplanung und -gestaltung für Betriebsrats- und Fortbildungsseminare
  • Internetredaktion
  • Usw.usf.

Kann eine Projektmanagerin ein Problem nicht unmittelbar lösen, eine Frage nicht abschließend beantworten, kann sie sich aus dem Know How Pool des Teams rasch bedienen oder an den Spezialisten weiterleiten.

Die Grundlage: Fachkompetenz – Erreichbarkeit - Verlässlichkeit

Dies sind die unabdingbaren Vorrausetzungen für eine vertrauensvolle, dialogorientierte Zusammenarbeit mit den Bezugsgruppen. Wer bei connexx.av mit einem Problem anruft, kann nahezu sicher sein, dass er eine kompetente Beratung erhält. Ist sofortige Lösung nicht möglich, klären wir intern und rufen dann zurück oder verweisen an entsprechende Partner. Dank einer hocheffizienten technischen Ausstattung und Vernetzung (Handy, Laptop,) sind wir sehr flexibel, können wir rasch Daten abrufen oder bereit stellen.

Ist eine Projektmanagerin wirklich einmal nicht erreichbar läuft die Mailbox und es besteht die Verabredung, mindestens dreimal am Tag die Box abzurufen. Diese Verabredung wird von allen Teammitgliedern sehr, sehr ernst genommen. Ist ein Büro aus welchen Gründen auch immer längere Zeit nicht besetzt, wird auf den nächstgelegenen connexx.av-Standort umgeleitet. An den so genannten „Hohen Festen“ wie Weihnachten oder Ostern haben wir bisher immer einen Notdienst eingerichtet. Dies bedeutete, dass bundesweit alle connexx-Telefone auf den Bereitschaftsdienst geschaltet wurde.

Wie die Arbeit von connexx.av von unseren Bezugsgruppen bewertet wird, kann der „Bezugsgruppenanalyse connexx.av“ der Sozialwissenschaftlerin Hanna Knorr entnommen werden, die als Ansichtsexemplar hier ausliegt.

connexx.av – das Team

Bei der Auswahl der ProjektmanagerInnen wurde auf folgende Dinge sehr viel Wert gelegt:

  • Möglichst praktische Arbeitserfahrungen aus einer der von uns betreuten Branchen
  • Ein ausgeprägtes Dienstleistungsbewußtsein
  • Fachkompetenz
  • Sicheres und freundliches Auftreten
  • Ausgeprägte Teamfähigkeit
  • Bereitschaft zu ungewöhnlichen Arbeitszeiten
  • Bereitschaft, sich neuer, EDV-gestützter Arbeitsmittel zu bedienen

Diese Anforderungen stellten wir in abgeschwächter Form auch an die KollegInnen, die wir für den Verwaltungsbereich gewonnen haben.

Angesichts der hohen Belastung im connexx.av-Alltag, aber vor allem auch wegen der engen Zusammenarbeit im Team, wurde dem Teambildungsprozess sehr hohe Priorität eingeräumt. Allein zwei Klausuren, die jeweils drei Tage in Anspruch nahmen, dienten dem Ziel, auf der zwischenmenschlichen Ebene Arbeitshemmnisse aus dem Weg zu räumen oder erst gar nicht aufkommen zu lassen. Diese Klausuren erfolgen im Übrigen unter Anleitung professioneller Moderation in Form von Supervising. Auch die reinen Arbeitsklausuren von connexx.av, die ebenfalls zweimal im Jahr stattfinden, werden professionell begleitet. Hier werden Jahresplanungen entwickelt, Zielerreichungen überprüft und gegebenenfalls Korrekturen vorgenommen.

Auch wenn das ganze Team ständig, flexibel und rasch über die elektronischen Medien miteinander kommuniziert, treffen sich die ProjektmanagerInnen einmal pro Monat mit der Projektleitung, um face to face anstehende Probleme, Meilensteine, Aktionen oder ähnliches zu erörtern. Die Beziehungen zwischen den Teammitgliedern sind im Übrigen als ausgesprochen gut zu bezeichnen. Nicht selten sind sie sehr freundschaftlich geprägt.

Diese emotionale Zuwendung prägt häufig auch die Beziehung zu den Menschen, mit denen die ProjektmanagerInnen vor Ort in den Betrieben oder Netzwerken zusammen arbeiten. Da wird nicht selten nach der Arbeit, nach einem Treffen noch gemeinsam privat zusammen gesessen, mitunter Partys gefeiert oder gemeinsam ins Kino gegangen.

Erfolgsrezept am Beispiel Kabel New Media/Hamburg

Nun muss ich manchen vielleicht schon wieder enttäuschen, aber es gibt natürlich nicht DAS Erfolgsrezept. Es gibt auch nicht DAS Handwerkszeug, dass überall gleichermaßen greift. Wir mussten (oder konnten) die Erfahrung machen, dass erfolgreich eingesetzte Mittel für den Bereich der Neuen Medien noch lange nicht im Bereich z.B. der Kirchgruppe nach deren Insolvenz funktioniert haben. So kann man nach unseren bisherigen Erkenntnissen feststellen, das eine Emailaktion mit Verweis auf vorbereitete Microsites im online-orientierten Bereich der Internetbeschäftigten hervorragende Wirkung entfaltet, in Unternehmen wie prosat aber überraschenderweise kaum Resonanz hervorruft. Bei Kabel New Media, bei freenet, bei ISION und wie sie noch alle heißen mögen gingen wir erfolgreich nach dem bei Pixelpark erprobten Muster vor: Über einen Erstkontakt wird eine so genannte CoreGroup gebildet. Sie bildet den Kern für alle späteren Aktivitäten in dem jeweiligen Unternehmen. Mit  dieser CoreGroup wird die Mail entwickelt, werden die Microsites inhaltlich gestaltet; die Mitglieder der CoreGroup moderieren später das Forum bzw. initiieren dort Diskussionen. Aus diesen Aktivitäten entwickelte sich im Unternehmen in der Regel der Wunsch nach Mitbestimmung und meistens (nicht immer!) die Wahl eines Betriebsrats.

Abruptes Ende

Um nun wirklich noch genügend Zeit für die Diskussion in der Arbeitsgruppe zu haben, bleibe ich mir treu, ende ich ganz unwissenschaftlich und möchte Ihnen an dieser Stelle mit einigen Stichworten mögliche Anregungen für die folgenden Erörterungen liefern:

  • connexx.av  -  quer zur Struktur von ver.di
  • Autonomie vs. Hierarchie
  • Vernetzte Strukturen als effektiveres Betreuungsinstrument
  • Dialogische Strukturen zwischen Organisation und Mitgliedern
  • Bezugsgruppe vs. Zielgruppe – eine Begriffsklärung tut not
  • Bedeutung einer gut gepflegten Homepage
  • Transparenz
  • Community
  • Netzwerke
  • Bedeutung von Kommunikationsmanagement für Gewerkschaften
  • usw. usf……….