Institut für Politikwissenschaft

Werner Fricke                                                 April 2005                                                                                                

 

Das Modell der Dialogkonferenz zur Vernetzung von Wissenschaftlern und Gewerkschaftern als Arbeitskonzept für den Hattinger Kreis

 

 

  1. Vorbemerkung
  2. Einleitung
  3. Herkunft des Konzepts der search Konferenz
  4. Von der Search- zur Dialogkonferenz.
  5. Anwendungsgebiete
  6. Thematischer Aufbau einer Dialogkonferenz im gewerkschaftlichen Kontext
  7. Beispiel eines möglichen Seminarablaufs
  8. Nachbemerkung
  9. Anmerkungen zur Diskussion in Wremen, insbesondere zur Rolle der Wissenschaftler

 

 

1. Vorbemerkung

 

Analysen, Konzepte oder Entwicklungsvorschläge, wie sie Wissenschaftler häufig zur Krise der Gewerkschaften schreiben, zeichnen sich – auch wenn sie von Wissenschaftlern stammen, die sich als gewerkschaftsnah verstehen –durch einen Mangel aus: Sie enthalten nicht die Arbeitserfahrungen der gewerkschaftlichen haupt- und ehrenamtlichen Funktionäre und Mitglieder[1]. Das können sie auch nicht, denn die Arbeitserfahrungen der Wissenschaftler sind andere als die ihrer Adressaten. Die mangelnde Verknüpfung wissenschaftlicher Texte mit den Arbeitserfahrungen gewerkschaftlicher Funktionäre und Mitglieder (ich nenne sie im folgenden Praxisakteure) hat zur Folge, dass zwischen den Überlegungen und Vorschlägen der Wissenschaftler und ihrer praktischen Relevanz eine große, schwer überwindbare Kluft entsteht.

 

Das Verfahren der Dialogkonferenz einschließlich des auf ihr vereinbarten nachfolgenden Veränderungsprozesses hat das Ziel, diese Kluft erst gar nicht entstehen zu lassen. Wie ich im folgenden zeige, verständigen sich auf Dialogkonferenzen die Praxisakteure über ihre Situation selbst. Sie diskutieren untereinander Entwürfe und treffen Vereinbarungen, wie sie ihre gewerkschaftliche Arbeit und Organisation so verändern wollen, dass sich ihre Situation verbessert. In Zeiten gewerkschaftlicher Krise heißt das vor allem: Wie die Gewerkschaften ihre Aufgabe der Organisation von Arbeitnehmerinteressen in einem turbulenten ökonomischen und gesellschaftlichen Umfeld wieder erfolgreicher wahrnehmen können.

 

Teilnehmende Wissenschaftler bringen ihren Sachverstand, ihre Überlegungen (Reflexionen) in diesen Prozess der Analyse und der Verständigung über zukünftiges Handeln ein. Aber es ist nicht ihre Sicht der Dinge, nicht ihre Perspektive, die die gemeinsame Reflexion, das zukünftige Handeln der Praxisakteure und die Richtung des daraus folgenden Entwicklungsprozesses bestimmt. Die Verständigung über die gegenwärtige Situation sowie über Richtung und Reichweite des Entwicklungsprozesses geschieht in einem Dialog zwischen Wissenschaftlern und Praxisakteuren, in den von Anfang an die Arbeitserfahrungen der Praxisakteure eingehen.

 

Quintessenz dieses Verfahrens ist: In Dialogen zwischen Praxisakteuren sowie zwischen diesen und beteiligten Wissenschaftlern reflektieren Praxisakteure ihre Situation sowie Möglichkeiten und Bedingungen von Veränderungen. Sie lassen sich dabei von ihren Praxiserfahrungen leiten. Damit ist die Chance gegeben, die Kluft zwischen Analyse und verändernder Praxis (zwischen Theorie und Praxis) zu überwinden. Anders gesagt: Die Realisierung von Entwicklungskonzepten wird schon bei ihrer Konzipierung und Vereinbarung mitgedacht. Dialogkonferenzen werden auf diese Weise handlungsleitend und verbindlich[2].

 

 

2. Einleitung

 

In den Workshops der letzten zwei Jahre hat der Hattinger Kreis mehrfach KollegInnen gebeten, über ihre Erfahrungen mit gewerkschaftlichen Projekten zu berichten, die auf organisatorische und inhaltliche Neuerungen in unterschiedlichen gewerkschaftlichen Kontexten zielten (gewerkschaftliche Innovatoren). Alle diese Projekte fanden in Randzonen der gewerkschaftlichen Organisation (einzelne Verwaltungsstellen, Unternehmen) und mit vorgegebener, begrenzter Zielstellung statt (insbesondere neue Methoden der Mitgliederwerbung). In der Regel wurden ihre Erfahrungen nicht in das Routinehandeln der Organisation übernommen. Dies Schicksal ereilte selbst die Zukunftsdiskussion der IG Metall, wenn auch aus einer Reihe anderer Gründe (zu großer Anspruch, Mißverhältnis von Vorgehensweise und Zielerwartung, Krise um die Nachfolge von Zwickel, die langjährige Dialogunfähigkeit insbesondere der IG Metall Vorstandsverwaltung: Konflikte wurden nicht ausdiskutiert, sondern führten zu Positionskämpfen und damit verbundenen jahrelangen Erstarrungen der Organisation).

 

Immer wieder endeten die Diskussionen des Hattinger Kreises über innovatorische Gewerkschaftsprojekte mit der Feststellung, dass gewonnene Erfahrungen nicht organisationswirksam wurden und mit entsprechender Ratlosigkeit. Da die Wiederholung dieser Art Diskussion auf Dauer für alle Seiten unbefriedigend ist, entschloß sich der Hattinger Kreis, ein öffentliches Forum für innovatorische Gewerkschaftsprojekte zu bilden, um die Erfahrungen der Projekte und die Möglichkeiten ihrer Übertragung in Routinehandeln der Organisationen mit Vertretern des gewerkschaftlichen Apparats zu diskutieren. Außerdem sollte parallel dazu der Versuch unternommen werden, eine Allianz von haupt- und ehrenamtlichen gewerkschaftlichen Funktionären, gewerkschaftlichen Innovatoren aus den Projekten und Wissenschaftlern des Hattinger Kreises zu bilden, um einen konkreten Prozeß gewerkschaftlicher Organisationsentwicklung (OE) zu organisieren. Dabei war von Anfang klar, dass ein solcher Prozess nur in einem überschaubaren Bereich irgendwo am Rande der Organisation einer Gewerkschaft beginnen kann. Das Feld muss überschaubar sein, der Kreis der zu beteiligenden Akteure zunächst begrenzt. Wenn sich ein solcher OE Prozeß erfolgreich und dauerhaft organisieren läßt, dann kann er durchaus, so eine realistische Erwartung, weitere Gliederungen der Organisation erfassen.

 

Ein solcher Prozess hat erheblichen Zeitbedarf, er kann nur langfristig angelegt sein. Er erfordert von allen Beteiligten ein beträchtliches Maß an aktivem Einsatz. Wichtig ist, dass nicht gleich die gesamte Organisation einer Gewerkschaft ins Auge gefasst wird, sondern zunächst ein überschaubarer Bereich am Rande der Organisation, z.B. eine Verwaltungsstelle. Ebenso wichtig ist aber auch, dass der OE Prozess von Anfang an in einer Gliederung der Organisation begonnen wird, damit er unter realen Bedingungen stattfindet und die Chance eröffnet, mit der Zeit in die Organisation hineinzuwirken.

 

Das skandinavische Konzept der search-, später Dialogkonferenz ist ein über Jahrzehnte erprobtes Instrument, einen solchen Handlungsprozeß, getragen von einer Allianz von Akteuren, zu entwerfen und einzuleiten. Jede Dialogkonferenz endet damit, dass die beteiligten Akteure die ersten gemeinsamen Handlungsschritte verbindlich vereinbaren, nachdem sie sich zuvor über das Entwicklungsziel und die zu erwartenden Schwierigkeiten verständigt haben. Wichtig ist, dass alle Teilnehmer von Anfang an bereit sind, sich in einem Entwicklungsprozeß aktiv zu engagieren, dass Akteure aus einem gewerkschaftlichen Handlungsfeld bereits zur Mitarbeit gewonnen sind und an einer vom Hattinger Kreis zu organisierenden Dialogkonferenz teilnehmen, auf der ein OE Prozeß eingeleitet werden kann.[3]

 

 

3. Zur Tradition des Konzepts der search Konferenzen

 

Das Konzept der Search Konferenzen wurde in Skandinavien in den 1960er Jahren entwickelt. Es ist verbunden mit Namen wie Emery, Thorsrud, Gustavsen.

 

Ihr Hauptanwendungsgebiet waren ursprünglich Betriebe (meist Industriebetriebe, aber auch Kommunalverwaltungen, später auch Gesundheitsbetriebe) mit hierarchischer Struktur, die vor der Aufgabe stehen, ihre Organisation zu verändern. Häufig, nicht immer, hatten sich diese Betriebe die Aufgabe eines Organisationswandels selbst gestellt. Es ging sowohl um die Arbeitsorganisation (d.h. die Organisation der täglichen Arbeit), als auch um die Anregung und Organisation von Innovationen.

 

Ziel der Search Konferenzen war es, allen Akteuren etwa eines Betriebes Gelegenheit zu geben, selbst und gemeinsam die Inhalte, Ziele und Strategien von innovatorischen Prozessen zu entwerfen und verbindlich zu vereinbaren.

 

Anfangs ging es in der Regel um die Demokratisierung von Strukturen. Später, in den 90er Jahren lag der Schwerpunkt eher bei der Organisation von Innovationsprozessen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten, aber auch dabei sollte es demokratisch zugehen. In beiden Fällen sollten daher alle Gruppen, die in einer Organisation zusammenarbeiten, am Suchprozeß und später an der Realisierung der vereinbarten Ziele beteiligt werden, d.h.

 

-         das Top Management (TM)

-         das mittlere Management (MM)

-         die Beschäftigten und ihre Interessenvertreter.

 

 

4. Von der Search- zur Dialogkonferenz.

 

Insbesondere unter dem Einfluß Gustavsens ist in den 90er Jahren aus der Search- die Dialogkonferenz geworden. Der Unterschied liegt in der Betonung der Offenheit und Permanenz des einzuleitenden Entwicklungsprozesses sowie des Dialogs als eigenständigem Wert. Gustavsen und seine Mitarbeiter erkannten, dass die Einübung von demokratischen Dialogen zur Ausbildung von Verhaltensweisen und Fähigkeiten führt, die für die Bewältigung selbst bestimmter Entwicklungsprozesse unerlässliche Voraussetzung sind. Im Unterschied zur Search-Konferenz betont das Konzept der Dialogkonferenz also die große Bedeutung von Dialogfähigkeit und –bereitschaft für jedweden Entwicklungsprozeß. Was diese Fähigkeiten angeht, sind Skandinavier viel weiter als soziale Akteure in Deutschland, das in der Frage demokratischen sozialen Dialogs ein Entwicklungsland ist. Ich komme am Schluß noch darauf zurück.

 

Das Schlüsselkonzept der Dialogkonferenzen ist in den Regeln des demokratischen Dialogs enthalten. Diese Regeln sind aus jahrzehntelanger Erfahrung gewonnen und Anfang der 90er Jahre in der vorliegenden Form von Gustavsen zusammengefasst worden (Gustavsen 1992, S. 14 ff). Sie sind also nicht normativ zu verstehen, vielmehr können sie, so sagt Gustavsen selbst, von den Teilnehmern einer Konferenz einvernehmlich für ihre Zwecke weiterentwickelt werden vorausgesetzt, alle Teilnehmer einigen sich darauf, damit der demokratische Charakter des Dialogs erhalten bleibt.

 

Die wichtigsten Regeln des demokratischen Dialogs sind:

 

-         Die Teilnahme muß allen Betroffenen offen stehen

-         Die Möglichkeit der Teilnahme allein reicht nicht. Jeder Teilnehmer ist nicht nur verpflichtet, die eigenen Ideen vorzutragen, sondern auch den anderen bei der Einbringung ihrer Ideen zu helfen.

-         Alle Teilnehmer sind gleichberechtigt

-         Praktische Arbeitserfahrung ist die Voraussetzung für die Teilnahme, es ist per Definition die einzige Erfahrung, über die alle Teilnehmer verfügen.

-         Alle Argumente sind legitim, die mit den diskutierten Themen in Zusammenhang stehen.

-         Jeder Teilnehmer hat anzuerkennen, dass andere Teilnehmer bessere Argumente haben können.

-         Die Arbeitsfunktion, Autorität etc aller Teilnehmer kann zum Gegenstand der Diskussion gemacht werden – kein Teilnehmer ist davon ausgenommen.

-         Die Teilnehmer sollten in der Lage sein, ein wachsendes Maß an Meinungsverschiedenheiten zuzulassen.

-         Der Dialog soll jederzeit zu Vereinbarungen führen, die als Plattform für eine gemeinsame Aktion dienen könnten.

 

Der Suchprozeß wird also mit einem Dialog eingeleitet. Er soll nicht nur mit der Vereinbarung von Inhalten, Zielen und Vorgehensweisen im Prozeß des Organisationswandels enden, sondern auch mit der verbindlichen Vereinbarung von Entwicklungsschritten, von gemeinsamen Aktionen also.

 

In der Regel gelingt in Skandinavien die Anwendung der Kriterien demokratischen Dialogs, in deutschen Betrieben ist das schon schwieriger, wie es in einer deutschen Gewerkschaft ist, wird sich herausstellen, wenn das Konzept konkret in einem gewerkschaftlichen Zusammenhang angewendet wird. Zu bedenken ist, dass die Schwierigkeiten im praktischen Entwicklungsprozeß noch größer sind als in Dialogkonferenzen.

 

In einigen skandinavischen OE Projekten sind daher neben der Arbeitsorganisation, die die täglichen Arbeitsvollzüge regelt, Entwicklungsorganisationen gebildet worden. In ihnen arbeiten Vertreter aller betrieblichen Gruppen (TM, MM, Beschäftigte) gleichberechtigt zusammen (jedenfalls dem Anspruch nach). Entwicklungsorganisationen sind dauerhafte Institutionen innerhalb einer Organisation. Sie sollen den Entwicklungsprozeß in Gang halten, immer wieder justieren, neue Ziele vereinbaren, sich mit Schwierigkeiten auseinandersetzen etc. (Palshaugen 2000, S. 237 – 255).

 

Die auf Dialogkonferenzen eingeleitete Organisationsentwicklung (OE) ist das Gegenmodell zu allen Beratungsansätzen, bei denen Experten Entwicklungsprozesse von außen und nach festen Modellen entwerfen und steuern (so ist die Praxis der McKinsey Berater). Nach den Regeln der Dialogkonferenz und des demokratischen Dialogs kommt es darauf an, dass sich alle in einer Organisation Beschäftigten an der Konzipierung und Realisierung von Entwicklungsprozessen aktiv und mit ihren Arbeitserfahrungen beteiligen können. Sie verfügen über Kenntnisse und Erfahrungen, die bei der Veränderung ihrer Organisation unerlässlich sind. Ihre Beteiligung ist außerdem die Voraussetzung für eine demokratische Organisation von Entwicklungprozeß, Strukturveränderung und Innovation.

 

 

5. Weitere mögliche Anwendungsgebiete des Konzepts der Dialogkonferenz

 

Ich habe Dialogkonferenzen in verschiedenen Betrieben durchgeführt, aber auch in anderen Kontexten erlebt und mit gestaltet, sowohl in Seminaren mit den unterschiedlichsten Teilnehmern aus den verschiedensten Arbeitszusammenhängen (z.B. 1990 in russischen Betrieben) , auch mit Wissenschaftlern allein, z.B. in einem schwedischen Forschungsinstitut, das natürlich auch seine Hierarchie und seine Konflikte hatte. Gegenwärtig arbeite ich mit einer Vielzahl regionaler Akteure in einem Projekt zur Entwicklung selbst tragender regionaler Strukturen für die Integration von Migranten in den ersten Arbeitsmarkt.

 

Das Konzept der Dialogkonferenz ist schließlich von isolierten Modellversuchen in einzelnen Organisationen (wie z.B. Unternehmen) auf die Planung und Ingangsetzung regionaler Entwicklungsprozesse unter Einschluß einer Vielzahl regionaler Akteure ausgeweitet worden. Mit dieser Erweiterung des Anwendungsfeldes werden heute in Skandinavien, vor allem in Schweden und Norwegen, Prozesse organisiert, die auf die Ingangsetzung und Unterstützung sozialer Entwicklungsprozesse zielen (Gustavsen 2003, S. 95).

 

Obwohl ich bisher mit Gewerkschaftern keine Dialogkonferenzen veranstaltet habe, ist es m.E. lohnend und mit Modifikationen möglich, das Konzept auch in gewerkschaftlichen Zusammenhängen anzuwenden. Dabei schwebt mir ein Entwicklungsprozeß vor, der – getragen von einer Allianz aus Gewerkschaftern und Wissenschaftlern – zunächst in einem überschaubaren Feld beginnt und sich, wenn er gelingt, allmählich in weitere Felder der gewerkschaftlichen Organisation ausdehnt.

 

Beim Vorhaben des Hattinger Kreises, einen dauerhaften Arbeitszusammenhang zwischen Gewerkschaftern und Wissenschaftlern des HK herzustellen, haben wir es mit 3 Gruppen zu tun:

 

 

-         Hauptamtlichen GewerkschaftssekretärInnen und ihrem Stab (z.B. Ortsvereinsvorsitzende, Funktionsträger jeder Art); ob Bezirksleiter und höhere Funktionäre erreichbar sind, bezweifle ich, ist aber gegenwärtig auch nicht erforderlich

-         Ehrenamtlichen Funktionären als Trägern der Organisation in verschiedenen Funktionen, wie z.B. Betriebsräte und Vertrauensleute

-         Wissenschaftlern des Hattinger Kreises, gewerkschaftlichen Innovatoren und einfachen Mitgliedern der Gewerkschaften.

 

Vertreter dieser drei Gruppen könnte man analog den skandinavischen Ansätzen in einer Dialogkonferenz wie folgt zusammenbringen:

 

 

-         Hauptamtliche Funktionäre entsprächen dem TM

-         Ehrenamtliche Funktionäre dem MM

-         Wissenschaftler, Gewerkschaftsmitglieder und gewerkschaftliche Innovatoren den Beschäftigten[4]

 

Wenn der Hattinger Kreis in Zukunft eine solche Dialogkonferenz durchführen sollte (und wir haben das fest vor, falls die Voraussetzungen erfüllt sind, die ich abschließend noch nennen werde), dann ist Ziel der Dialogkonferenz nicht nur, mögliche Entwicklungsziele zu diskutieren (das wäre bloße Gewinnung von Erkenntnissen), sondern Ziel wäre die verbindliche Vereinbarung von gemeinsamen Aktionen und Verfahren zur schrittweisen Realisierung der vereinbarten Ziele in Richtung auf eine erneuerte Gewerkschaftsorganisation. Es geht also um Handlungsorientierung und um die Bildung von Allianzen zwischen Wissenschaftlern, haupt- und ehrenamtlichen gewerkschaftlichen Funktionären und Mitgliedern, die die in innovativen Gewerkschaftsprojekten isoliert gewonnenen Erfahrungen in die Organisation vermitteln. Dabei muß von vornherein klargestellt werden, dass es sich um einen zeitaufwendigen, kleinschrittigen Prozeß handeln wird. Er wird in einem begrenzten Handlungsfeld im Rahmen der gewerkschaftlichen Organisation beginnen und sich – wenn er gelingt – allmählich weiter in der Organisation ausdehnen.

 

 

  1. Thematischer Aufbau einer Dialogkonferenz in gewerkschaftlichem Kontext

 

  1. Utopien sammeln: Wie sieht die Gewerkschaft aus, die ich mir wünsche? An dieser Stelle sollen die Schwierigkeiten, die Utopien zu realisieren, ausdrücklich nicht bedacht werden. Auch eine Analyse der Ausgangssituation sollte eher implizit, auf jeden Fall nur ganz kurz erfolgen: alle Teilnehmer kennen sie, wenn auch aus unterschiedlicher Perspektive und mit unterschiedlicher Bewertung, aber diese Unterschiede treten im Verlauf des Seminars ohnehin zutage und sollten anfangs nur zusammengetragen, nicht diskutiert werden.
  2. Diskussion der Schwierigkeiten und Barrieren, die ins Auge gefassten Utopien zu realisieren. Zu unterscheiden sind

 

-         Barrieren in der Organisation

-         Schwierigkeiten der beteiligten Personen

.

sowie mögliche Gründe für Schwierigkeiten, z B..

 

-         Die traditionelle Rekrutierung und Ausbildung der Funktionäre

-         Zurückbleiben der Organisation hinter der gesellschaftlichen Entwicklung, sichtbar an der aktuellen Mitgliederstruktur und am Mitgliederschwund

-         Mangelnde Übereinstimmung zwischen gewerkschaftlichem Handeln/gewerkschaftlicher Kultur und den Erwartungen potentieller Mitglieder

-         ........

 

  1. Diskussion von Möglichkeiten, die ins Auge gefassten Utopien (Entwicklungsmöglichkeiten) zu realisieren. Hierbei geht es darum, möglichst konkret Wege aufzuzeigen und zu diskutieren, wie die erkannten Hindernisse für einen Organisationswandel überwunden werden könnten. Im Prozeßablauf – wenn er denn in Gang kommen sollte -werden weitere Hindernisse auftreten, aber die können im Voraus nicht diskutiert werden.

 

  1. Schließlich und vor allem geht es um die Verabredung von Bündnissen und die verbindliche Vereinbarung von konkreten Handlungsschritten, wie im ausgewählten gewerkschaftlichen Kontext die vereinbarten Entwicklungsziele verwirklicht werden könnten.

 

Dialogkonferenzen bieten die Möglichkeit, haupt- und ehrenamtliche Funktionäre, Wissenschaftler und Gewerkschaftsmitglieder an einem gemeinsam geführten Dialog zu beteiligen, der sich von der Entwicklung gewünschter Zustände (Utopien) bis zur Vereinbarung konkreter, gemeinsamer Handlungsschritte erstreckt.

 

Diese Dialoge geben Gelegenheit,

-         die je spezifischen Sichtweisen der drei Gruppen zusammenzuführen und eine komplexe Analyse sowohl der Ausgangssituation wie der erwünschten Veränderungen zu erstellen, auf die sich alle drei Gruppen einigen können

-         sowie verbindliche, gemeinsame Handlungsschritte zu vereinbaren.

 

Beides wird in einem Hattinger Seminar, wenn es nach dem Konzept der Dialogkonferenz strukturiert wird, nur ansatzweise möglich sein. Dennoch ist ein solches Seminar als Labor zu betrachten, das mit der Bildung von Aktionsgruppen enden kann, in denen haupt- und ehrenamtliche gewerkschaftliche Funktionäre, Wissenschaftler und Gewerkschaftsmitglieder zusammenarbeiten.

 

Diese Aktionsgruppen könnten eine Art gewerkschaftlicher Entwicklungsorganisation werden, wenn sie über das Ende des Seminars (der Dialogkonferenz) hinaus weiter zusammenarbeiten. Sie müßten sich von Zeit zu Zeit treffen. Je tiefer sie in eine gewerkschaftliche Organisation eindringen und mit zunehmender Erfahrung könnten sie an Inhalt, Zusammenhalt und Teilnehmerzahl wachsen.

 

 

  1. Beispiel eines möglichen Seminarablaufs

 

Aus diesen Überlegungen folgt als möglicher Seminarablauf:

 

Erste Runde: Utopien

 

Haupt- und ehrenamtliche Gewerkschaftsfunktionäre, gewerkschaftliche Innovatoren und Gewerkschaftsmitglieder einschließlich Wissenschaftlern diskutieren in drei homogenen Gruppen mögliche Szenarien für eine erneuerte Gewerkschaftsorganisation: Wie stelle ich mir die Gewerkschaft der Zukunft vor?

 

In dieser Runde bleiben die Schwierigkeiten/Barrieren ausdrücklich ausgeblendet

 

Erstes Plenum

 

Im Plenum stellen alle drei Gruppen ihre Vorstellungen anhand von Flipcharts oder Protokollen aus den Gruppen mündlich und schriftlich vor. Die Ergebnisse werden kurz diskutiert (kaum mehr als Verständnisfragen)

 

 

Zweite Runde: Schwierigkeiten und Hindernisse

 

Die drei Gruppen diskutieren in gleicher Zusammensetzung (also wiederum in homogenen Gruppen) die Utopieentwürfe der jeweils beiden anderen Gruppen, d.h.

 

-         Hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionäre diskutieren die Hindernisse, die gegen die Utopien der Ehrenamtlichen und der Mitglieder/Wissenschaftler sprechen

-         Ehrenamtliche Funktionäre diskutieren die Hindernisse und Schwierigkeiten, die bei der Realisierung der Utopieentwürfe der Hauptamtlichen und der Mitglieder/Wissenschaftler sprechen

-         Gewerkschaftsmitglieder/Wissenschaftler stellen die Hindernisse zusammen, die bei der Verfolgung der Utopien der beiden anderen Gruppen zu erwarten sind.

 

In allen drei Gruppen kann natürlich auch die Angemessenheit der Entwicklungsziele diskutiert werden.

 

Die Ergebnisse der Diskussionen werden auf Flipcharts in Stichworten schriftlich festgehalten und auf dem

 

Zweiten Plenum

 

kurz vorgetragen und diskutiert.

 

 

Dritte Runde: Vereinbarung von Handlungsstrategien und Aktionen

 

Je nach Teilnehmerzahl werden 2 – 3 Gruppen gebildet, in denen Vertreter aller drei Gruppen (haupt- und ehrenamtliche Funktionäre und Mitglieder/Wissenschaftler) vertreten sein müssen. Diese gemischten Gruppen erarbeiten und diskutieren im Licht der Ergebnisse der ersten beiden Runden gemeinsame Handlungsschritte. Die Ergebnisse werden auf Flipchart schriftlich festgehalten.

Im dritten Plenum werden diese Ergebnisse vorgetragen.

 

 

Vierte Runde: Ausführliche Plenumsdiskussion

 

Das vierte Plenum soll zu drei Vereinbarungen führen:

 

(a)    Vereinbarung weiterer konkreter Zusammenarbeit mit konkreten Handlungssequenzen auf der Grundlage gemeinsam getragener Entwürfe einer zukünftigen Gewerkschaftsorganisation

(b)   Bildung von Allianzen, bestehend aus Mitgliedern/Wissenschaftlern, sowie haupt- und ehrenamtlichen Gewerkschaftsfunktionären

(c)    Planung der weiteren Arbeit des Hattinger Kreises, insbesondere der Schaffung eines öffentlichen Forums zur Diskussion, Begleitung von Entwicklungsprozessen und zur Anregung weiterer Schritte zur gewerkschaftlichen Erneuerung.

 

 

MERKE:

 

Der HK kann eine Dialogkonferenz nur veranstalten, wenn sich

 

1)      eine oder mehrere organisatorische Gliederung(en) einer Gewerkschaft entschließt, einen OE Prozeß durchzuführen; das können eine Ortsverwaltung, mehrere Ortsverwaltungen in einer Region, evtl auch ein Bezirk oder auch mehrere Ortsverwaltungen in verschiedenen Regionen parallel sein

2)      eine ausreichende Zahl von Gewerkschaftsfunktionären in einer gewerkschaftlichen Gliederung zur aktiven Teilnahme bereit ist

3)      eine Gruppe von ca 4-6 auch jüngeren WissenschaftlerInnen aus dem HK erklärt, verbindlich und dauerhaft für die Begleitung eines zukünftigen OE Prozesses in einer oder mehreren gewerkschaftlichen Gliederung(en) zur Verfügung zu stehen.

 

 

 

8. Zur Vermeidung von Missverständnissen eine Nachbemerkung:

 

  1. Es handelt sich bei meinem Vorschlag nicht um den Versuch, eine weitere Zukunftskonferenz zu veranstalten. Die Frage nach der zukünftigen Organisation der Gewerkschaften ist daher auch nicht der thematische Fokus, sondern lediglich die Eingangsfrage zur ersten Gruppenarbeit auf der Konferenz.

Es geht keineswegs um eine weitere Zukunftskonferenz, sondern um den Versuch, einen konkreten Prozeß zur Veränderung der gewerkschaftlichen Organisation einzuleiten. Darin liegt die Differenz zu bisherigen Diskussionen des Hattinger Kreises, zugleich auch die Brisanz des vorgeschlagenen Vorhabens.

  1. Es geht auch nicht um ein weiteres Modellprojekt, sondern um den Versuch, einen Entwicklungsprozeß einzuleiten, der im Zeitablauf – wenn er nicht versiegt – die Chance eröffnet, weitere Felder der gewerkschaftlichen Organisation zu erfassen.
  2. Entscheidend ist auch, wie sich der zunächst nicht beteiligte Rest der Organisation zu einem solchen Vorhaben verhält. Mein Vorschlag zielt darauf ab, dies nicht vorab festzustellen, sondern in einem Handlungsversuch zu erkunden. Die Reaktion der Organisation wird ohne Zweifel erfolgen. Damit sie nicht von vornherein negativ ausfällt, habe ich vorgeschlagen, zunächst in einem begrenzten gewerkschaftlichen Feld (z.B. einer Verwaltungsstelle) zu beginnen – allerdings auf eine Art, die von Anfang an auf die Ausweitung des Prozesses auf weitere Bereiche der Gewerkschaften zielt.

 

Allerdings ist es sinnvoll und notwendig, dass ein auf einer Dialogkonferenz konzipierter und verbindlich vereinbarter Entwicklungsprozeß von übergeordneten Ebenen der Organisation gebilligt und unterstützt wird. Welche Ebene sie dafür gewinnen will, entscheidet die beteiligte gewerkschaftliche Gliederung. Da es sich um offene Prozesse handelt, geht es allerdings nicht darum, das Ziel des OE Prozesses festzulegen. Vielmehr kommt es darauf an, dass etwa die Bezirksleitung dem Entwicklungsprozess in einer Ortsverwaltung für einen ausreichenden Zeitraum einen Freiraum garantiert, in dem neue Initiativen zur Veränderung der Organisation entstehen und verwirklicht werden können.

 

 

Literatur:

 

Björn Gustavsen (1992) „Dialog und Entwicklung. Kommunikationstheorie, Aktionsforschung und Strukturreformen in der Arbeitswelt“, Berlin (sigma)

 

Björn Gustavsen (2003) „Action Research and the problem of the single case” in: Concepts and Transformation. International Journal for Action Research and Organizational Renewal, vol. 8, No. 1, Seite 93 – 99

 

Oyvind Palshaugen (2000) „The Competitive Advantage of Development Organizations“ in: Concepts and Transformation. International Fournal for Action Research and Organizational Renewal, vol 5 (2), S. 237 – 255.

 

 

9. Anmerkungen zur Diskussion in Wremen, insbesondere zur Rolle der
    Wissenschaftler:

 

In Wremen wurden vier Arbeitsgruppen gebildet, in denen die etwa 30 TeilnehmerInnen eine engagierte und fruchtbare Diskussion führten. Für die Diskussion der Arbeitsgruppen habe ich folgende Fragen formuliert:

 

1)      Wie beurteilt Ihr das Konzept der Dialogkonferenz im Hinblick auf gewerkschaftliche Organisationsentwicklung?

 

2)      Unter welchen Voraussetzungen, glaubt Ihr, lassen sich Dialogkonferenzen im gewerkschaftlichen Kontext verwenden?

 

Insbesondere:

 

-         welche Widerstände sind zu überwinden?

-         Welche Voraussetzungen sind zu schaffen?

-         Von wem?

 

Ein wichtiges Thema in den Arbeitsgruppen war die Rolle der Wissenschaftler. Das ist nach den vielen Enttäuschungen auf beiden Seiten, mit denen die Kooperation zwischen Wissenschaftlern und Gewerkschaftern in der Vergangenheit häufig endete, nur allzu verständlich.

 

Ich habe die in den Plenumsberichten der Arbeitsgruppen aufgeworfenen Fragen zum Anlass genommen, die Rolle der Wissenschaftler des Hattinger Kreises in einem gewerkschaftlichen Organisationsentwicklungsprozess aus meiner Sicht wie folgt zu präzisieren:

 

1.      Die Mitarbeit der Wissenschaftler ist dauerhaft und verbindlich. Das heißt vor allem: Wissenschaftler befassen sich nicht nur am Anfang mit dem OE Prozess (etwa durch Organisation und Moderation einer Dialogkonferenz[5]) und „verschwinden dann wieder“, sondern sie begleiten den Prozess während der gesamten Dauer.

2.      Wissenschaftler sind keine externen Experten, die mit fertigen Lösungen anreisen. Sie bringen ihre Erfahrungen, Vorschläge und Reflexionen in den Prozess ein und stellen sie zur Diskussion. In diesen Diskussionen sind sie nach den Regeln des demokratischen Dialogs gleichberechtigte Partner; sie beanspruchen nicht, den Prozess zu dominieren oder allein zu steuern.

3.      Für den Erfolg des OE Prozesses in einer gewerkschaftlichen Gliederung ist die Gewährung eines Freiraums durch übergeordnete Einheiten der Organisation notwendig. Die beteiligte gewerkschaftliche Gliederung muss die Zustimmung der zuständigen Stellen in der Organisation erwirken, dabei aber darauf achten, dass nicht Entwicklungsziele festgelegt werden, sondern ein Handlungsfreiraum für eine angemessene Zeitspanne zugesichert wird.

4.      Die Durchführung vereinbarter Entwicklungsschritte im Rahmen des gewährten Freiraums ist Sache der Organisationsmitglieder, d.h. der beteiligten haupt- und ehrenamtlichen gewerkschaftlichen Funktionäre und Mitglieder.

5.      Wissenschaftler sind für Ablauf und Ergebnisse des OE Prozesses mit verantwortlich, zugleich aber unabhängig. Sie werden nur in dem Maße tätig, in dem es von den beteiligten Gewerkschaftskollegen gewünscht wird, sind aber keine Auftragnehmer einer Gewerkschaft oder gewerkschaftlichen Gliederung. Sie werden daher Anforderungen der Gewerkschaft nur in dem Maße entsprechen, in dem sie es für möglich und für vertretbar halten.

6.      Wissenschaftler schaffen im Prozessablauf Möglichkeiten zu gemeinsamer Reflexion, die allen beteiligten Akteuren offen stehen. Dies geschieht u.a. auf weiteren Dialogkonferenzen, die zur Bilanzierung und Feinsteuerung des Entwicklungsprozesses notwendig sind. Aus dieser Funktion erwächst den Wissenschaftlern Mitverantwortung für den OE Prozess, der sie sich zu stellen haben.

7.      Wissenschaftler müssen am Ende eines erfolgreichen OE Prozesses überflüssig geworden sein. Das ist spätestens dann der Fall, wenn die organisatorischen Innovationen zu Routinehandeln der teilnehmenden Gliederung geworden sind, zu Veränderungen der Organisationsstruktur geführt haben und möglichst in andere Gliederungen der Organisation weiterwirken. Die wichtigste Aufgabe der Wissenschaftler ist es, die teilnehmenden Gewerkschaftsakteure zu ständiger Selbstreflexion ihres Handelns zu befähigen, insbesondere durch das Einüben und gemeinsame Erlernen demokratischer Dialoge auf allen und für alle hierarchischen Ebenen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten wurden auf dem Wremer Workshop ebenfalls ausführlich diskutiert. Ich halte sie für tief verwurzelt, aber keinesfalls für unüberwindlich, wenn es gelingt, die Voraussetzungen für gemeinsame Lernprozesse zu schaffen und dauerhaft aufrecht zu erhalten.

 

 

Adresse des Autors:

 

Prof. Dr. Werner Fricke

Institut für regionale Kooperation

29568 Wieren

Email: fricke.irc@t-online.de



[1] Man könnte sagen: Sie sind nicht geerdet.

[2] Ein oft vorgetragener Einwand lautet, dass die Verknüpfung von Handlungsentwurf und Realisierungsbedingungen den Horizont von Veränderungsmöglichkeiten (ihre Perspektive) einschränkt. Diese Möglichkeit besteht. Ihr wird dadurch Rechnung getragen, dass es im Veränderungsprozess Rückkopplungsschleifen gibt: Dialoge und gemeinsame Reflexion bereiten Veränderungsprozesse vor; diese werden in Angriff genommen; nach einer gewissen Zeit folgt eine zweite gemeinsame Reflexionsrunde  zur Verständigung über das bisher Erreichte mit der Möglichkeit, Handlungspläne zu korrigieren etc. Auf der anderen Seite ist aber klar: Veränderungen werden nie weiter reichen, als die Praxisakteure zu gehen bereit sind

[3] Hier findet heute, am 22./23. April 2005 in Wremen, keine solche Dialogkonferenz statt. Es geht uns vielmehr darum, zunächst mit den Kollegen und Kolleginnen aus den Gewerkschaften zu diskutieren, ob und unter welchen Voraussetzungen das Konzept der Dialogkonferenz mit anschließender Organisationsentwicklung in einer gewerkschaftlichen Gliederung anwendbar ist.

[4] Eine irgendwie isolierte oder herausgehobene Beraterrolle der Wissenschaftler widerspricht dem Konzept des demokratischen Dialogs. Wissenschaftler sind wie alle anderen Gruppen allein durch ihre Arbeitserfahrung legitimiert, die anders ist als die der Gewerkschaftskollegen, die aber gleichberechtigte Teilnahme nicht ausschließt. Wenn es dazu kommt, mit einer Dialogkonferenz des HK einen OE Prozess in einer gewerkschaftlichen Gliederung einzuleiten, hätten Wissenschaftler dennoch eine andere Funktion als die teilnehmenden Gewerkschaftsmitglieder und –funktionäre: Während der Entwicklungsprozess selbst von den Gewerkschaftern getragen wird, leisten Wissenschaftler bei Bedarf Unterstützung, z.B. durch Moderation begleitender Dialogkonferenzen, sie schaffen Möglichkeiten gemeinsamer Reflexion als Voraussetzung für die Feinsteuerung des Prozesses etc (siehe dazu ausführlich Abschnitt 7)

[5] Wenn ein gewerkschaftlicher Organisationsversuch zustande kommen sollte, wird er nach der ersten (Start) Konferenz von mehreren Dialogkonferenzen unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Teilnehmern begleitet. Das ist wichtig, um den OE Prozess in Abständen immer wieder zu reflektieren, Zwischenergebnisse zu bewerten und die nächsten Entwicklungsschritte zu vereinbaren.