Institut für Politikwissenschaft

„Entgrenzte Arbeitswelt - Hat die gewerkschaftliche Interessenvertretung noch Zukunft?“

Eine Anhörung mit ExpertInnen aus der

betrieblichen und gewerkschaftlichen Praxis

Zeit: 7./8. Dezember 2001 Ort: DGB-Bremen

Erfahrungen mit neuen Zeitstrukturen

(Vertrauensarbeitszeit)

 

Dagmar Muth, STN Atlas-Elektronik, Bremen, Mitglied der IG Metall

Inge Lies-Bohlmann , Verwaltungsstelle der IG Metall Bremen

Peter Stutz, Verwaltungsstelle der IG Metall Bremen

 

Moderation: Heiner Stück, Hattinger Kreis, Arbeitnehmerkammer Bremen

 

Heiner Stück: Ich will vorher nur zwei Worte sagen zum Betrieb, weil die Nicht-Bremer den vielleicht nicht so gut kennen. STN Atlas Elektronik ist eine Angestelltenbude, hauptsächlich Ingenieure, 3000 Mitarbeiter, davon 300 Arbeiter, also 10 Prozent Arbeiter, 90 Prozent Angestellte, Rüstungsbetrieb, also 90 Prozent der Aufträge militärische, 10 Prozent zivile Aufträge. Es wimmelt dort nur so von Entwicklungsingenieuren, um zu sagen, dass es sich da wirklich um einen Ingenieurbetrieb handelt. Der Frauenanteil beträgt nach Angaben von Dagmar Muth 16 Prozent. Was nicht verwunderlich ist bei dieser männlichen Domäne von Ingenieurarbeit. Das nur vorweg zum Betrieb, und jetzt darf ich Dagmar Muth bitten, das Arbeitszeitmanagement, insbesondere die Vertrauensarbeitszeit, dieses Betriebes vorzustellen. Danke.

 

Dagmar Muth: Ja, gut. Ich versuch das mal. Ich habe mir da ein paar Notizen zu gemacht, weil ich finde, dass unser Arbeitszeitmanagement recht kompliziert ist, und ich hoffe, dass ich das halbwegs verständlich und nicht total unübersichtlich hier darstelle, sonst müsst ihr nachfragen.

 

Entstanden ist das eigentlich schon aus einer Diskussion im Betrieb heraus, die wir als IG Metall 1997 angeregt haben mit einer Umfrage unter den Kolleginnen und Kollegen in einer Phase, als deutlich wurde, dass gerade auch die Beschäftigten einen hohen Anspruch haben, flexibler arbeiten zu können, selber entscheiden zu können, wann fange ich an, wann höre ich auf. Das war bei uns vorher so nicht möglich. Man musste morgens bis viertel vor neun im Haus sein, und man durfte auch längstens bis halb sechs arbeiten. Das heißt, es gab da schon Wünsche sowohl auf der Beschäftigtenseite als natürlich auch auf Unternehmensseite, flexibler arbeiten zu können, ein bisschen mehr gemäß den Strukturen des Unternehmens. Wir haben so Phasen, im Frühjahr ist eine Menge los, zum Sommer wird es etwas weniger, zum Jahresende wird es dann noch mal richtig heftig, diesen Strukturen wollten wir auch ein bisschen besser die Arbeitszeit anpassen.

 

Was da raus gekommen ist, können wir dann vielleicht auch gemeinsam diskutieren, ist etwas völlig anderes als das, was wir am Anfang mal wollten. Es gibt aber Kleinigkeiten, die sich da wiederfinden. Der Arbeitszeitrahmen ist heute wesentlich verlängert, der ist von sechs bis neunzehn Uhr, und in diesem Arbeitszeitrahmen gibt es keine festen Zeiten, wann die Beschäftigten im Hause zu sein haben, sondern sie können kommen und gehen, wie sie wollen, allerdings immer in Absprache mit dem Team, sofern sie in einer Teamorganisation sind, oder mit dem direkten Vorgesetzten, wenn es keine Teamorganisation gibt. Das ist gemischt bei uns. Das heißt aber auch, in der Zeit von sechs von 19 Uhr findet keine Mehrarbeit statt. Ich komme aus dem Bereich der Metall- und Elektroindustrie, da gibt es auch klare Regelungen eigentlich, ab wann Mehrarbeit zu zahlen ist. In diesem Zeitrahmen könnte es theoretisch möglich sein, zehn Stunden zu arbeiten, aber eben Mehrarbeit wird dafür nicht gezahlt. Mehrarbeit findet nur noch nach neunzehn Uhr oder aber an Samstags-, Sonn- und Feiertagen statt. Ich sagte, es gibt keine festen Arbeitszeiten, wann man da sein muss. Was es aber gibt, ist so etwas wie Funktionszeiten. Die Funktionszeiten sollen im Team festgelegt sein, und man kann sagen, fast alle Abteilungen, nicht alle, haben eine Funktionszeit von neun bis vierzehn Uhr. Auch da heißt es, nicht alle Beschäftigten müssen anwesend sein, sondern es muss lediglich sichergestellt sein, dass die Abteilung funktioniert. Ein Großteil sind Teams, das heißt eben, die Beschäftigten selber müssen unter sich regeln, wer ist wann, wie da. Das wäre zum Arbeitszeitrahmen das Wichtigste.

 

Wir haben dann im Haus zwei verschiedene Arbeitszeiten, so nenne ich das mal. Das eine ist die Vertragsarbeitszeit, die durch den Tarifvertrag bzw. durch den Arbeitsvertrag geregelt ist. Lt. unserem Tarifvertrag haben wir eine 35-Stunden-Woche mit allerdings einer Ausnahme, bis zu 13 % dürfen bis zu 40 Stunden arbeiten. Das heißt, wir haben auch Vertragsarbeitszeiten, die über 35 liegen bis hin zu 40, und sofern es Teilzeit gibt, natürlich auch Vertragsarbeitszeiten unter 35. Die zweite Arbeitszeit, die wir dann haben, ist die sogenannte Planarbeitszeit. Bei der Planarbeitszeit gibt es auch zwei Möglichkeiten, Schnitt ist aber, das was ich als Erstes nenne, nämlich eine Arbeitszeit über der Vertragsarbeitszeit. Ich mach das mal am Beispiel: 35-Stunden-Woche wäre jetzt die normale Vertragsarbeitszeit. Beschäftigte und Vorgesetzte stellen jetzt gemeinsam fest, dass mehr Arbeitsleistung notwendig ist, dass derzeit einfach mehr gearbeitet werden muss als die Vertragsarbeitszeit hergibt, dann können sie gemeinsam z. B. eine 40-Stunden-Woche vereinbaren. Allerdings geht das nur gemeinsam und auf freiwilliger Basis. Das wäre dann Planarbeitszeit 40 Stunden, und die Arbeitszeit von 35 bis 40 Stunden geht auf ein sogenanntes Langzeitkonto. Zu dem Langzeitkonto komme ich dann gleich noch mal. Die Planarbeitszeit könnte auch unter die Vertragsarbeitszeit gehen. Also, ich könnte auch eine 35-Stunden-Woche haben, aber für eine Weile, wenn das mein Arbeitsplatz hergibt, wenn der Vorgesetzte mitmacht, auf 30 Stunden gehen. Dann würde ich sozusagen ein Langzeitkonto haben, was ins Minus läuft, muss aber irgendwann natürlich meine Arbeitszeit erhöhen, damit ich dieses Minuskonto auch wieder ausgleiche. Möglich wäre das. Dieses Minuskonto kann man auch zum Abbau eines bereits aufgebauten Langzeitkontos vereinbaren. Das sind so die beiden wichtigen Arbeitszeiten, die es in unserem Arbeitszeitmanagement gibt.

 

Wir haben dann im Betrieb insgesamt drei Konten, wir haben ein Kurzzeitkonto, ein Langzeitkonto und ein Lebensarbeitszeitkonto.

 

Das Kurzzeitkonto beinhaltet, dass man also im kurzzeitigen Bereich, ohne das mit jemandem abstimmen zu müssen, auch mehr oder weniger arbeiten kann als Vertragsarbeitszeit. Man darf aber nur bis zu 40 Stunden plus oder minus auf diesem Konto haben. Alles andere, was da drüber ist, das verfällt. Das kann man auch nicht einfach rüberschieben ins Langzeitkonto, wenn man merkt, man hat jetzt, was weiß ich, plus 40 und stellt fest: „Mensch, ich kriege das irgendwie gar nicht abgebaut. Ich habe damit gerechnet, ich kann abbauen, aber jetzt ist da ein Auftrag zwischen gekommen.“, dann verfällt das einfach. Ich kann nicht sagen, nehme das doch und schiebe es auf das Langzeitkonto.

 

Das Langzeitkonto speichert sich lediglich über diese Planarbeitszeitvereinbarung. Ich hatte schon gesagt, da kommt die Erfassung der über- bzw. unterzähligen Stunden drauf, und es darf bis zu 600 Stunden beinhalten, d. h. dürfen bis zu 600 Stunden angesammelt werden. Allerdings muss bei 2/3, also 400 Stunden, eine Abbauregelung getroffen werden. Das ist jetzt erstmal alles theoretisch, was ich hier vorstelle. Es gibt einen Ausgleichszeitraum, wie lange diese bis zu 600 Stunden in dem Konto sein dürfen, und zwar ist das ein Ausgleichszeitraum von 5 Jahren.

 

Und es gibt noch eine Besonderheit, nämlich jetzt komme ich auf das Lebensarbeitszeitkonto zu sprechen, da kann ein Beschäftigter, eine Beschäftigte ab dem 48. Lebensjahr von vornherein ab der ersten Stunde sagen: „Ich möchte auf ein Lebensarbeitszeitkonto sparen.“ Die Beschäftigten, die da drunter liegen vom Alter her, können das nicht. Sofern sie aber ein Langzeitkonto haben, das 600 Stunden beinhaltet, können sie alles, was über diesen 600 Stunden ist, das heißt, das könnte also sein, dass zwischendrin doch etwas mehr da drauf ist, alles was da drüber ist, können sie auf das Lebensarbeitszeitkonto schieben. Wie ernst man dann eine Abbauregelung nimmt, die ab 400 Stunden getroffen werden muss, wenn man alles, was über 600 Stunden geht, auf ein Lebensarbeitszeitkonto schieben kann, da können wir gleich noch mal drüber reden, wie ehrlich man das dann nehmen darf, was da vereinbart wurde.

 

Der Abbau dieses Langzeitkontos ist wie folgt geregelt: Die Beschäftigten können zusammenhängende Freizeitentnahme von mindestens einer Woche nehmen. Das heißt, das Langzeitkonto dient auch nicht dazu, wenn ich mal vielleicht nur 5 oder 6 Stunden abbauen möchte, dafür ist das Kurzzeitkonto gedacht. Der Abbau erfolgt weiter durch eventuelle Qualifizierungsmaßnahmen, die im Betrieb nicht angeboten werden. Oder aber, was ich vorhin schon sagte, wenn ich mal meine Planarbeitszeit absenken will unter die Vertragsarbeitszeit, weil ich eine Auszeit haben möchte, und habe vorher genug Stunden angesammelt, kann ich darüber natürlich auch abbauen. Und es gibt auch die Möglichkeit einer Auszahlung, allerdings ohne Überstundenzuschläge. Damit ich Stunden ausgezahlt bekomme, muss ich allerdings vorher mindestens 100 Stunden im Konto stehen haben. Und ich darf auch nicht alles, was darüber ist, mir auszahlen lassen, davon darf ich maximal 50 Prozent mir auszahlen lassen, und weitere 25 Prozent kann man dann in eine eigenfinanzierte betriebliche Altersversorgung rüberschieben. Insolvenzsicherung ist geregelt.

 

Und das wäre erstmal im Gros, das was unser Arbeitszeitmanagement an Vereinbarungen vorsieht. Wir haben keine Zeiterfassung mehr. Die Zeiterfassung wurde abgeschafft. Die Kolleginnen und Kollegen waren darüber nicht begeistert. Ich muss aber dazu sagen, es gibt noch genügend Möglichkeiten, wo der Arbeitgeber eigentlich sehr wohl sich einen Überblick verschafft über die angesammelten Zeiten. Das eine ist, dass natürlich die Langzeitkonten ja alle notiert sind, lediglich was im Kurzzeitbereich liegt, darüber gibt es keinen Überblick. Und ein Großteil unserer Belegschaft verschreibt produktiv, das heißt, verschreibt auch Lohnkarten, in den Projekten werden die Zeiten ja auch entsprechend verschrieben, und auch darüber hat der Arbeitgeber natürlich einen Überblick über die geleisteten Stunden der Beschäftigten. Wer eigentlich gar keinen Überblick mehr hat und zurzeit sich diesen Überblick auch nicht verschafft, ist unser Betriebsrat. Ja, ich sage das hier so. Wir haben da auch einige Probleme, das wird wahrscheinlich im Laufe des Vormittags hier heute noch ein bisschen deutlicher werden. Aber es ist auch äußerst schwierig natürlich, wenn es keine Zeiterfassung mehr gibt, sich irgendwie einen Überblick zu verschaffen. Wir bekommen Auszüge über die Planarbeitszeitvereinbarungen, die bekommen wir. Wir wissen aber auch, dass dieser Kurzzeitbereich, dieses Kurzzeitkonto von den Kolleginnen und Kollegen nicht so genutzt wird, wie es eigentlich vorgeschrieben ist, sondern dass viele weit mehr als 40 Stunden im Plus da drin haben. Immer in dem Glauben, es kann ja keiner mit überprüfen, und irgendwie kriege ich das schon abgebaut. Um irgendwann dann mal festzustellen, dass das eben doch nicht klappt. Und wir wissen nicht, wie viele Stunden mittlerweile schon verfallen, irgendwann dann einfach beiseite gelegt werden. Wir kommen eben immer mehr dahin, dass nicht die Arbeitszeit, sondern das Ergebnis im Vordergrund steht. Da kommt Inge, denke ich, wahrscheinlich gleich drauf, deshalb mache ich den Part jetzt mal nicht. Aber wenn man das mal im Zusammenhang sieht, dann sieht man auch, in welche Richtung das bei uns läuft. Ich hoffe, dass es halbwegs verständlich rübergekommen ist, wie dieses Arbeitszeitmanagement ist, wenn ihr sonst Fragen habt, bitte.

 

Heiner Stück: Darf ich selbst zwei kurze Nachfragen stellen? Also, erste Frage zum Kurzzeitkonto plus/minus 40 Stunden, wenn es drüber geht, verfällt es! Gilt das auch sozusagen symmetrisch auf der anderen Seite? Gibt es diesen Fall überhaupt von Minusstunden?

 

Dagmar Muth: Ja, es gibt sicherlich den Fall von Minusstunden, aber da gilt es nicht, sondern es gibt eine klare Vereinbarung, dass wenn man im Minus ist, der Beschäftigte/die Beschäftigte das dem Vorgesetzten, also mehr als Minus 40, dem Vorgesetzten anzuzeigen hat, und man vereinbart, wie man umgehend dieses behebt. Eigentlich ist vorgeschrieben, dass dann ein Lohnabzug erfolgt.

 

Heiner Stück: Und die zweite Nachfrage zum Langzeitkonto, dieser Ausgleichszeitraum bezieht sich ja auf fünf Jahre, und nun läuft das ja erst seit drei Jahren etwa? (Dagmar Muth: Ja.) Also, man hat noch keine richtigen Erfahrungswerte, wieweit die Beschäftigten jetzt in Geld oder in Zeit oder in Qualifizierung vergelten lassen. Also, mich würde zum Beispiel interessieren, wir haben eben gehört, die Auszahlung erfolgt ohne Überstundenzuschläge, also, VW hat ja mit diesen Wertpapieren praktisch Zeit in Geld umgewandelt, und da findet ja dann auch eine Aufwertung dieses Wertpapiers in Anpassung an die tariflichen Gehaltserhöhungen statt. Also, ich kann ja Pech haben, wenn ich jetzt das Guthaben in Geld auszahlen lasse zu einem Stand, der ein paar Jahre zurückliegt, dann ist das Geld auch weniger wert, und ich habe sozusagen zinsloses Darlehen gegeben, wo das Geld auch noch durch die Inflation entwertet wird. Gab es da nicht eine Initiative des Betriebsrates, da sozusagen auch irgend so einen Kreditsatz anzulegen, was ein geldliches Äquivalent von Zeit angeht, aber auch womöglich bei den Zeiten, die man ja auch sozusagen mit Zuschlägen versehen könnte, weil man da ja auch vorgearbeitet hat, ohne zunächst irgendeine Gegenleistung zu bekommen, ja nur das Versprechen, dass ich dieses Guthaben irgendwann mal abbauen kann.

 

Dagmar Muth: Also, erstmal zu der letzteren Frage. Es ist so, dass leider der Betriebsrat in seiner Mehrheit nicht gefordert hat, dass die angesammelten Stunden auf den Konten auch verzinst werden. Wir IG Metaller haben das gefordert. Wir waren am Anfang auch mal mit unseren DAG-Kollegen da eins, aber das war leider im Laufe der Verhandlungen dann nicht mehr so. Wir haben das mehrfach angesprochen, weil genau mit den Argumenten, wie du sie benannt hast, wir gesagt haben, das ist ja auch ein sehr langer Zeitraum und es ist eine Gewährung eines Darlehns an das Unternehmen, und dieses hat auch irgendwie verzinst zu werden. Der Unternehmer hat dann darauf reagiert und hat gesagt, na ja, es kann ja sein, wenn einer heute, ich mach das mal ganz banal, in der Gehaltsgruppe sechs ist, und wenn er dann die Zeiten entnehmen will, ist er in der Gehaltsgruppe sieben, dann kriegt er ja das Geld aus der Gehaltsgruppe sieben und nicht zu dem Zeitpunkt, als er das sozusagen eingezahlt hat, die Stunden. Und das sah der Arbeitgeber dann als Verzinsung an. (Jemand von den Zuhörern: Werden ja auch alle höhergruppiert.) Das wollte ich gerade sagen, das trifft natürlich so gut wie überhaupt nicht zu, weil so toll ist das bei uns nicht mit den Umgruppierungen, dass da ständig die Kolleginnen und Kollegen sich freuen dürfen, weil sie in höhere Gehaltsgruppen kommen.

 

Das Zweite ist, was die Erfahrungen angeht. Einige Erfahrungen haben wir natürlich schon gemacht. Nämlich, die Erfahrung: also dieses, was ich euch jetzt vorgestellt habe, ist eigentlich schon eine veränderte Version. Wir hatten ganz am Anfang weniger Stunden im Langzeitkonto, die zulässig waren. Es war am Anfang auch nicht zulässig, dass Beschäftigte unter 48 überhaupt ins Lebensarbeitszeitkonto einzahlen können, und ich bin jetzt nicht ganz sicher, Inge, ich meine, sogar der Ausgleichszeitraum war geringer, der war drei Jahre nämlich. Wir haben eine Probephase für ein Jahr vereinbart und haben gesagt, danach schauen wir uns erstmal an, ob das wirklich eine sinnvolle Vereinbarung ist, die im Unternehmen so gelebt werden kann. Auch hier muss ich wieder sagen, leider hat das nie stattgefunden, dass wir das haben Revue passieren lassen. Sowohl die Mehrheit unseres Betriebsrates als auch der Arbeitergeber hatten überhaupt kein Interesse daran, und zwar hatten sie einfach kein Interesse daran, weil es sich gezeigt hat, dass unser Arbeitszeitmanagement eigentlich nicht praktikabel ist.

 

Wir haben ein Jahr später schon die ersten Diskussionen gehabt, dass Leute über ihre, es waren, glaube ich, 300 Stunden, die rein durften, über ihre 300 Stunden kommen und nicht wissen, wie sie sie abbauen sollen, weil Aufträge ohne Ende da sind. Es ist deutlich geworden, dass dieser Ausgleichszeitraum wahrscheinlich nicht reichen wird, wenn man ständig nur Stunden ansammelt. Und genau weil das so war, gab es keine Diskussion im Gremium und auch keine Diskussion groß im Betrieb, sondern im Sommer, während der Urlaubsphase, haben sich dann unsere DAG-Kollegen und der Arbeitgeber hingesetzt und einen weiteren Ergänzungstarifvertrag gemacht. Weil, du kannst einen Teil dieser Regelungen nur über einen Ergänzungstarifvertrag regeln, wie den Ausgleichszeitraum zu verlängern und ein Lebensarbeitszeitkonto einzurichten. Und diese Dinge haben sie dann erhöht, damit das etwas besser, zumindest auf die momentane Situation passt.

 

Ich glaube aber, dass uns in zwei Jahren das ebenso auf die Füße fallen wird, weil es ist kein praktikables Arbeitszeitmanagement, wie wir es im Betrieb gebrauchen können. Dazu kommt, dass wir feststellen im Betrieb, dass die Stammbelegschaft immer weniger wird. Also, dieses Arbeitszeitmanagement wird eben nicht zum Nutzen der Belegschaft gemacht, dass man auch mal flexibel für sich das gestalten kann, sondern wir werden in ein paar Jahren noch mehr Kolleginnen und Kollegen haben, die an dem Burn-out-Syndrom leiden, als das heute schon der Fall ist. Weil, sie haben einfach gar nicht die Chance, ihre Stunden abzubauen, sondern sie ackern nach dem Motto „Arbeiten ohne Ende“. Das stellen wir auch immer mehr fest, wir haben eigentlich nicht mehr die Zeit, mal auf die grüne Wiese zu gucken, mal zu entspannen und uns dann auf das nächste Projekt einzustellen, sondern das geht immer so überlappend. Und genau dieses Problem fängt das Arbeitszeitmanagement nicht auf, sondern verschärft es noch.

 

Heiner Stück: Gut. Kerstin, hattest du dich gemeldet? Ich wollte eigentlich erst den Part weitergeben an die Sekretärin, oder ist das eine konkrete Nachfrage?

 

Kerstin Jürgens: Wenn Sie zwei Arbeitszeiten haben, Vertragsarbeitszeit und Planarbeitszeit, wie sind dann die Anteile der Belegschaft? Wie Sie sagen, Planarbeitszeit soll eine freiwillige Vereinbarung sein, gibt es Erfahrungen darüber – was ist mit der Freiwilligkeit der Vereinbarungen?

 

Dagmar Muth: Also, die Aufteilung in der Belegschaft, fällt mir im Moment etwas schwer, das darzustellen, weil leider unsere Aktenlage beim Betriebsrat da nicht die Beste ist, ich als Metallerin auch zu der Minderheitenseite im Betriebsrat gehöre und schwierig rankomme. Es ist aber mittlerweile so, dass wir davon ausgehen, dass wenigstens die Hälfte der Belegschaft sich in Planarbeitszeit befindet. Es gibt keine Planarbeitszeitvereinbarung unter der Vertragsarbeitszeit. Wir haben zwar ein paar Teilzeitvereinbarungen, aber keine Planarbeitszeitvereinbarungen unter der Vertragsarbeitszeit, sondern nur darüber, und das geht sogar so weit, dass wir Planarbeitszeitvereinbarungen haben von bis zu 48 Stunden.

 

Wir sind längst an der Grenze dieser 13-Prozent-Quote, die der Tarifvertrag zulässt, und zwar sind wir auch an der Grenze, weil die Kolleginnen und Kollegen gesagt haben, wenn ich hier mehr arbeiten soll, dann will ich das auch bezahlt haben. Oft ist es entstanden, weil die Vorgesetzten gekommen sind und gesagt haben, die Arbeit wird nicht geschafft in der normalen Zeit und ihr müsst jetzt mehr arbeiten. Es gibt leider keine Mitbestimmung, dass Betriebsräte den Arbeitgeber auffordern können, erstmal Personal einzustellen, meinetwegen auch Aushilfen, befristet Beschäftigte, wenn noch nicht absehbar ist, dass auf lange Zeit eine Beschäftigung ausgelastet wäre. Es gäbe ja verschiedene Möglichkeiten. Es wird auf Arbeitgeberseite immer nur darüber gesprochen, die Arbeitszeit zu erhöhen. Und viele Beschäftigte haben dann gesagt: „Nein, das mache ich nicht. Ich mache das nur, wenn ich da auch Geld für kriege.“ Und ganz oft sind dann so Vereinbarungen entstanden, wo Beschäftigte und Vorgesetzte sich auf halber Strecke getroffen haben. „Gut, ich mache das, aber 38,5 Stunden sind Vertragsarbeitszeit, das heißt, da kriege ich auch mehr Geld für, und den Rest bis zu 40 Stunden oder 41 Stunden bin ich dann bereit, auf das Langzeitkonto zu arbeiten.“ Bei solchen Regelungen war natürlich die 13-Prozent-Quote auch sehr schnell voll. Dazu kommt, dass sie sich auch sehr schnell anfüllt, weil unsere Eingruppierungen nicht die Besten sind. Die Entwicklungsingenieure werden oft nicht mehr nach Gehaltsrahmentarifvertrag bezahlt, und sie werden dann damit geködert: „Du kannst ja ein bisschen mehr verdienen, wenn du gleich mit 40 Stunden bei uns anfängst.“ Also, die fangen fast alle mit 40 Stunden an und nicht mehr mit 35. Aber ein genaues Bild kann ich jetzt nicht skizzieren.

 

Was ich vielleicht noch darstellen kann: wir haben im Schnitt in den früheren Jahren immer um 360.000 Überstunden gemacht, und je mehr Personal wir abgebaut haben, um so mehr Überstunden wurden es. Heute kann sich das Unternehmen hinstellen und kann mit Freude verkünden, dass es so gut wie keine Überstunden mehr bei uns im Hause gibt. Wenn man sich das natürlich genauer anguckt, dann sind die Stunden sehr wohl gearbeitet, nur sie sind einfach in ganz andere Kanäle geflossen. Was das dem Unternehmen allerdings an Geld spart, das denke ich, ist auch deutlich, wenn man eben sagt, dass der Großteil der Stunden, selbst wenn er ausgezahlt wird, aber ohne Zuschläge ausgezahlt wird. Das heißt, die Zuschläge sparen sie allemal da immer ein.

 

Heiner Stück: Ja, danke. Also, ein kurzes Zwischenwort. Ich habe gestern noch mal Andreas Hoff gelesen, in einem Sammelband über Arbeitszeitkonten, und der war ja der Berater, der in diesem Betrieb STN diese beiden Kontensysteme auch eingeführt hat, und der hat da auch gemeint, dass sozusagen bei diesem Kurzzeitkonto, plus/minus 40 Stunden, keine elektronische oder sonstige Zeiterfassung stattfinden soll, sondern nur so eine Art Selbstaufschreibung, weil Hoff da der Meinung war, wenn man das erfassen würde, dann würde so eine Sammelmentalität entstehen. Dass man Stunden sammelt, obwohl man gar nichts zu arbeiten hat, weil man noch einen Brückentag braucht, usw. Das war seine eine Argumentation. Und dann noch, fiel mir so spontan ein, dass diese Geschichte, die Auszahlung aus dem Langzeitkonto ohne Überstundenzuschläge erfolgt, dass das angeblich durch diese Höhergruppierung, wie du sagtest, dann ausgeglichen werden würde, dieses zinslose Darlehn. Da hat der Andreas Hoff das schöne Beispiel, wie man da als Lehrling irgendwelche Stunden angesammelt hat und später als Direktor dann sich diese Zeit auszahlen lässt, natürlich dann auf viel höherem Arbeitswert der Arbeitsstunde das zurück bekäme, was ja nun nicht anginge. Also, diese Philosophie stand offenbar auch hinter diesem zinslosen Darlehn, sofern dann das ausgezahlt wird.

 

Eckart Hildebrandt: Gibt es irgendwelche Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten angesichts des extrem komplizierten und neuen Arbeitszeitmanagements?

 

Dagmar Muth: Weder für die Beschäftigten noch für die Vorgesetzten. Also, es gibt wohl Qualifizierungsmaßnahmen, die zum Teil mit der Arbeit an sich zu tun haben, und es gibt viele Qualifizierungsmaßnahmen für Führungskräfte, aber nicht, was dieses Arbeitszeitmanagement angeht und dessen Umsetzung, ebenso nicht für andere Dinge, auf die Inge wahrscheinlich gleich noch eingehen wird.

 

Heiner Stück: Also, es wäre ein interessantes Projekt, das muss ja nicht unbedingt von Andreas Hoff selbst evaluiert werden, ein spannendes soziologisches Forschungsprojekt, aber jetzt gebe ich das Wort weiter, sonst kommen wir in andere Dimensionen, an Inge Lies-Bohlmann, die diesen Betrieb ja als Gewerkschafterin betreut.

 

Inge Lies-Bohlmann: Ja, ich betreue diesen Betrieb schon, ich glaube, seit 88/89, und dieser Betrieb war ja mal ein Krupp-Betrieb. Er gehörte dann zum Vulkan-Konzern, ist dann dabei beinahe hopps gegangen innerhalb des Konkurses des Vulkans. Er wurde dann von Rheinmetall und British Aerospace aufgekauft. Die Rheinmetallgruppe hat die 51 Prozent, das heißt, ist der Mehrheitsanteilseigner, und seitdem hat sich dann auch die Politik natürlich geändert. Das heißt also, man ist herausgeschliddert in dem Unternehmen innerhalb des Vulkan-Konkurses deshalb, weil dieser Betrieb eben nicht marode war, sondern eben ein wirtschaftlich geführter Betrieb war, und wo natürlich über das Cash-Management, was bestand, auch an den Vulkan Gelder gegangen sind, die nachher auch futsch waren, und die dann im Unternehmen wieder erarbeitet werden mussten, und wo Zwischenkredite gegeben werden mussten, damit das überhaupt alles über die Bühne ging. Aber die Anteilseigner, die dann sich da eingekauft haben, haben gesagt, das ist ja doch ein guter Betrieb, der letztendlich wirtschaftlich ist in seiner Betrachtung, und deswegen haben wir da Interesse dran auch aus strategischen Gründen.

 

Sie haben dann also diesen Betrieb übernommen. Aber in diesem ganzen Zuge dessen, was ich eben erzähle, gab es natürlich schon auch Schwierigkeiten erstmal, das alles wieder zu erarbeiten, weil dieser Betrieb war es in der Vergangenheit als Rüstungsbetrieb nicht gewohnt, für Zinsen arbeiten zu müssen, weil die brauchten keine Kredite aufzunehmen bei den Banken und mussten die Zinsen nicht erwirtschaften, sondern sie kriegten also vom Bund entsprechend Gelder, um Forschung und Entwicklung zu betreiben. Und sie haben diese Gelder dann genommen und sie aufs Konto gelegt, und dann haben sie von den Zinsen auch leben können. Also, das war der Unterschied zu anderen Betrieben, sag ich mal. Und das hat, denke ich auch, also ich bin auch in dem Aufsichtsrat da bei STN Atlas-Elektronik, und diese zusammenhängende Betrachtung ist immer nicht ganz uninteressant, weil man, glaube ich, im Betrieb dann auch anders betreuen kann, wenn man gleichzeitig den Einblick über diese Tätigkeit da hat. Es war dann so, dass eben die Zahlen sich nicht positiv so darstellten und die Firma sich überlegte, was kann sie tun, damit die Anteilseigner, die ja Gewinnerwartungen hatten, diese Gewinnerwartungen letztendlich dann wieder bekommen sollten, dass sie da nicht von der Stange gingen.

 

Das war das Ziel, und deswegen wurde auch wohl der Unternehmensberater Hoff dann konsultiert. Und da ging es dann darum, dass eigentlich die Firma von vornherein natürlich gesagt hat, also wir müssen da was ändern, es muss wirtschaftlich einfach für uns günstiger werden. Und Hoff hat ja dann das Konzept dazu geliefert, und das wurde ja auch auf Biegen und Brechen wirklich fast 100prozentig übernommen, so wie Hoff das da präsentiert hat.

 

Dagmar hat vorhin erzählt, dass die Firma in der Vergangenheit gar nicht so flexibel mit den Arbeitszeiten bestückt war in Form einer Betriebsvereinbarung. Es gab eine Gleitzeitvereinbarung, nach dem Tarifvertrag gab es plus/minus 16 Stunden Gleitzeit, die wurde überschritten, das heißt, damals schon wurde der Tarifvertrag nicht eingehalten. Und das war ein Verstoß der damaligen Betriebsvereinbarung gegen den Tarifvertrag. Was man aber nicht angewendet hatte, war die Möglichkeit seit 1984, nachdem wir die Arbeitszeitverkürzung stufenweise auf 35 gebracht haben, einen Ausgleichszeitraum von 6 Monaten zu nutzen, indem die Arbeit ungleichmäßig verteilt werden konnte. Innerhalb dieser 6 Monate hätte unterschiedlich gearbeitet werden können, um es nach 6 Monaten wieder auszugleichen. Dieses wurde überhaupt nicht genutzt als Instrument. Das habe ich auch der Firma ab und zu vorgehalten, weil vor allen Dingen, als sie dann alles haben wollten, habe ich gesagt, also, hätten sie die Jahre vorher das schon mal genutzt, dann hätten sie im Wettbewerb sicherlich Vorteile gehabt. Weil, das wäre ja eine Produktivität gewesen, die man schon mal im Sack gehabt hätte. Da hat man sich aber nicht drum gekümmert. Gründe habe ich vorhin genannt, dass man das nicht tun musste, das heißt, man hat keinen Veränderungsprozess im Unternehmen vorgenommen und hat dann sozusagen von heute auf morgen alles haben wollen.

 

Wir haben dann die Situation gehabt, dass das einher ging mit einer, also mit zwei Entlassungswellen, mit auch Harakiri seitens Rheinmetall, die haben dann einen Geschäftsführer eingesetzt, der also dann einfach nur, ja, ich sag mal, das große Schlachten begonnen hat, indem also alle Leute, die sie irgendwie schon immer mal los werden wollten, haben sie versucht los zu werden. Ich erinnere an die Gesetzgebung noch damals der CDU, die ja beschlossen hat, dass es Listen geben kann, die die Betriebsräte verabschieden bei einem Interessenausgleich-Sozialplan. Und das Unternehmen hat sehr stark drauf gedrungen, dass es eben diese Listen gibt. Und man hatte auch die Situation, dass wenn innerhalb von 3 Monaten kein Interessenausgleich-Sozialplan zustande kommt, dass es dann keinen gibt. Vielleicht erinnert ihr euch noch, das war eine Situation, die politisch natürlich Druck machte auf die Betriebsräte, eine Liste dann zu akzeptieren. Das ist auch gemacht worden damals von der IG Metall-Mehrheit, deshalb, weil der Arbeitgeber im gleichen Zuge eine Beschäftigungsgesellschaft angeboten hat. Und das fanden wir wichtig, dass wir die auch kriegten, und haben dann entsprechend verabschiedet. So, darüber sind viele Leute dann versucht worden rauszukicken, die also auch Kündigungsschutz hatten, die dann entsprechend auf der Liste mit standen, wo der Arbeitgeber eben nicht den tarifvertraglichen Schutz aufgehoben hat. Das geht ja, wenn man die Tarifvertragsparteien dazu befragt, das hat er nicht gemacht. Somit haben die geklagt. Das hat also eine ziemliche Unruhe gegeben und ist damals sehr stark gegen die IG Metall-Betriebsräte gelaufen, weil natürlich die Leute einfach sauer waren darüber. Nach dem Motto: „Ich bin kündigungsgeschützt, und jetzt muss ich mich einklagen, und der Betriebsrat hat das nicht verhindert, dass ich auf der Liste stand.“ Also, das war so die politische Situation.

 

Danach hat es eine Betriebsratswahl gegeben, und es hat eine Mehrheit der Unabhängigen und der DAGler gegeben, das hatte wiederum mit der Fusion etwas zu tun, dass STN, Altbetrieb, und Atlas, auch Altbetrieb, fusioniert haben zu STN Atlas-Elektronik. Bei Atlas war es nie ein Problem, dass die IG Metaller sozusagen in der Mehrheit waren, bei STN war das immer ein Problem, und durch die Fusion kamen natürlich Beschäftigte mit einem anderen Anspruch in den Betrieb. Haben sich zusammengeschlossen mit dem Arbeitsdirektor, der jetzt immer noch Arbeitsdirektor ist, der selber eben kein IG Metaller ist, sondern DAGler war als Arbeitsdirektor, und der dann gemeinsame Sache sozusagen mit dieser Betriebsratsmehrheit gemacht hat. Also, man wundert sich ja, warum diese Dinge zustande kommen, darum erzähle ich das alles noch als Hintergrund. (Dagmar Muth: Damals war er noch kein Arbeitsdirektor, sondern nur Personalchef.) Damals war er noch kein Arbeitsdirektor, sondern eben nur Personalchef, aber er hat das alles in die Wege geleitet und ist dann zum Arbeitsdirektor geworden, nachdem er von Dr. Hoff dieses wunderbare Konzept den Rheinmetall-Anteilseignern und den British Aerospace-Anteilseignern vorgelegt hat, und die natürlich gesehen haben, dass das Ganze eine Ersparnis in diesem Jahr, wo das eingeführt worden ist, 1997, von 5 Millionen Mark gebracht hat. So, das ist ja im Aufsichtsrat entsprechend so dargestellt worden, dass diese Ersparnisse eben da sind, und ihr könnt euch vorstellen, dass man solche Personalchefs natürlich gerne hat und dann auch befördert.

 

Also, das Ganze ist nicht machtfrei, sondern es ist so, dass nach dem Tarifvertrag heute die Situation so ist, dass wir nicht mehr nur die 6 Monate Ausgleichszeitraum haben, sondern einen Ausgleichszeitraum von 1 ½ Jahren haben, das heißt eigentlich generell von 12 Monaten haben, aber mit Zustimmung der Bezirksleitung, also der Tarifvertragsparteien, dann von 18 Monaten, und das war aber viel zu wenig, das wollten sie nicht, das stand überhaupt nicht zur Debatte. Wir haben dann nicht nur die Situation gehabt, dass ja versucht wurde von dem Unternehmer, mit der Mehrheit des Betriebsrates eine Betriebsvereinbarung zu verabschieden, das ist ja in vielen Betrieben gemacht worden, dass man einfach mit Betriebsräten eine Betriebsvereinbarung verabschiedet hat, die gegen den Tarifvertrag sich richtet.

 

Da gebe ich noch mal zur Erinnerung, da hat es dann in der Zwischenzeit ein BAG-Urteil gegeben, dass wenn solche Betriebsvereinbarungen entstehen oder bestehen, dass da ein Unterlassungsanspruch der Gewerkschaften rechtlich vorhanden ist. Unterlassungsanspruch heißt, wenn so eine Betriebsvereinbarung besteht, die gegen den Tarifvertrag verstößt, dann kann eine Gewerkschaft den Arbeitgeber veranlassen, das zu unterlassen, die Anwendung zu unterlassen, und den Betriebsrat natürlich entsprechend.

 

So, das heißt, das wussten sie, da war schon diese Rechtsprechung, darum sind sie diesen Weg nicht gegangen, sondern sie mussten den Weg mit den Tarifvertragspartnern gehen. Und da die DAG damals eben auch Tarifvertragspartner war bei STN Atlas-Elektronik, hat man sich zwar mit uns zusammengesetzt und hat verhandelt, hat aber im Hintergrund mit der DAG alleine verhandelt und mit dem Arbeitgeberverband, hier Unterweser, der Metall- und Elektroindustrie. Dann kriegten wir entsprechend Informationen darüber, und wir wussten, dass die verhandeln. Haben dann also auch Bewegungen im Betrieb gehabt von IG Metall-Beschäftigten, um uns dagegen zu wenden, aber ihr könnt euch vorstellen, dass so etwas schwierig war, wir waren ja in der Friedenspflicht, das ist ja auch nicht so, dass gerade ein Tarifvertrag gekündigt war, also, man kann nicht zum Streik aufrufen. Und die haben dann sehr schnell, die DAG mit dem Arbeitgeber, den ersten Ergänzungstarifvertrag mit den von Dagmar zitierten 300 Stunden verhandelt. So, das war dann gegessen sozusagen, und als der Ergänzungstarifvertrag ausgehandelt war, hat man dann daraufhin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung verabschiedet, die dann mit diesem Ergänzungstarifvertrag konform war. Ja, dann ist das ja nicht mehr das Problem.

 

Eins hat Dagmar nicht erwähnt, spielt aber auch noch nebenbei eine Rolle mit, man hat in diesem Ergänzungstarifvertrag einerseits gesagt, nach der Entlassungswelle, nachdem man die schon durchgezogen hatte, man wird zukünftig keine Entlassungen für die Laufzeit dieses Ergänzungstarifvertrages, bis 2000 keine Entlassungen vornehmen, hatte man ja auch gerade in '99 gemacht. Diese Entlassungswelle, die saß natürlich noch in den Knochen der Belegschaft, dass man Angst hatte, dass es noch mal wieder so eine Entlassungswelle geben könnte, aber im Prinzip war das abgefrühstückt, und die Planzahlen im Aufsichtsrat waren überhaupt nicht so, dass da Entlassungen geplant waren.

 

Das heißt, man hat den Vertrag mit der DAG gemacht, hatte gesagt, es gibt keinen Beschäftigtenabbau mehr, dafür aber gibt es dieses Arbeitszeitmanagement, was Dagmar ja dargestellt hat, und es gibt gleichzeitig einen Bonus, den die Belegschaft zahlen muss, nämlich es werden bei jedem Beschäftigten 25 Stunden von vornherein als Minus eingestellt ins Konto. (Bandwechsel) Wenn es nur die DAGler gemacht hätten, die Mitglieder, dann hätte ich ja gesagt, das interessiert mich ja nicht weiter als IG Metall, wäre ja kein Problem. Nein, sie haben, jetzt kommt es, sie haben den Ergänzungstarifvertrag auf alle Beschäftigten angelegt. So, da kommt jetzt die juristische Schwierigkeit, es gibt ein BAG-Urteil, da wird davon gesprochen, dass ein speziellerer Tarifvertrag, der abgeschlossen worden ist, auch angewendet werden kann auf andere Gewerkschaftsmitglieder. Aber das stimmt in sofern nicht auf STN Atlas-Eletronik, weil da ging es nämlich um eine Allgemeinverbindlichkeit. So, ich will das nicht näher ausführen. Das heißt, man hat dieses damalige Urteil genommen und hat darauf gefußt und so einen Ergänzungstarifvertrag gemacht und gemeint, wenn da jemand gegen klagt, dann würde das genauso ausgehen wie damals bei dem BAG-Urteil, wo es um eine Allgemeinverbindlichkeit ging und ein speziellerer Tarifvertrag abgeschlossen worden ist, und da das BAG gesagt hat, dann gilt der speziellere Tarifvertrag. Hier ist aber eine ganz andere Situation, die Mehrheit ist IG Metall und nicht DAG. Ja, und es ist keine Allgemeinverbindlichkeit, der Arbeitgeber war im Verband und hat darüber hinaus spezielleren Tarifvertrag mit der DAG, mit der Minderheit, sozusagen für Minderheit gemacht, und dagegen haben wir dann geklagt als IG Metall, nicht als Gewerkschaft, sondern einzelne Kollegen, ein einziger Kollege hat also im Pilotverfahren geklagt, hat das gewonnen.

 

Es hat auch ein Urteil gegeben in Bremen, wo ganz klar gesagt worden ist, die 25 Stunden, darauf hat sich das ausgerichtet, darauf haben wir das erstmal abgestellt, da hat das Urteil ganz klar ausgesagt, also, dieser Tarifvertrag ist nicht anwendbar für IG Metall-Mitglieder, ist nicht anwendbar für die Beschäftigten, wobei aber ausgeklammert wurde, weil es hat ja kein Nicht-Mitglied geklagt, wüsste man gerne, ob sie das noch weiter für die Nicht-Mitglieder ausgeführt hätten, also das wäre noch mal spannend gewesen, das haben wir da nicht rausgekriegt, aber trotzdem es ist ein ziemlich eindeutiges Urteil.

 

Der Arbeitgeber ist in Berufung gegangen, hat allerdings die Berufungsfrist verlängern lassen, er ist nicht ganz begeistert von der Berufung, nachdem er im Moment überlegt, mit wem er das verhandeln kann, weil die Ergänzungstarifverträge sind ja mit der DAG abgeschlossen. Die DAG gibt es nicht mehr, ver.di ist die Nachfolge-Organisation. Ver.di ist nicht zuständig für diesen Betrieb, bestreitet das allerdings, also, sie meinen, sie sind doch zuständig. So, der Arbeitgeber weiß nun nicht, was er machen soll, mit wem er die alten ergänzungstarifvertraglichen Sachen verhandeln soll, wer die übernimmt. Und da hat Dagmar ganz klar gesagt auf der Betriebsversammlung, Herr Morowitz, Sie brauchen das mit niemandem zu verhandeln, wenn Sie nur die 25 Stunden zurückgeben würden, damit ist das alles erledigt. Und dann hat er das mündlich zugesagt an der Stelle, weil er wohl merkt, wenn er in Berufung gehen würde, würde er nicht Recht bekommen.

 

Und er hat wohl auch gemerkt durch dieses Urteil, dass es keinen Sinn hat, sich auf dieses falsche Pferd weiterhin zu setzen mit ver.di. Er hätte gerne mit ver.di weiterhin verhandelt, nämlich neu verhandelt, er ist nämlich jetzt ausgetreten aus dem Arbeitgeberverband, und zwar im Juni, und das Ganze wird wirksam per 31.12. dieses Jahres, und er will einen Anerkennungstarifvertrag, Haustarifvertrag abschließen mit der entsprechenden Gewerkschaft, die er liebt. Nämlich, die bisher ihm auch geholfen hat, ich sag mal, die Gewinnsituation für die Anteilseigner günstig darzustellen. Das ist aber jetzt nun so nicht machbar, weil ver.di selber jetzt nun behauptet, was unklar ist, dass IG Metall zuständig ist. Ver.di bemüht sich zwar weiterhin, vielleicht eine Zuständigkeit zu erreichen. Das wird wohl in die Schlichtung beim DGB gehen.

 

Aber, auf jeden Fall ist es so, dass der Arbeitgeber jetzt kalte Füße gekriegt hat und mit uns verhandeln will. Und wir hatten dann auch gestern ein Gespräch um zu hören, was will er jetzt eigentlich genau. Und jetzt knüpfe ich im Prinzip an das an, was Dagmar auch schon mit angeführt hat, was baut sich jetzt sozusagen an Strategie auf Seiten des Unternehmens auf, und das ist Folgendes: Also, der Arbeitgeber sagt, vom Volumen her möchte er nichts einsparen. Er will ganz gerne, dass wir die Ergänzungstarifverträge, die er mit der DAG gemacht hat, dass wir die übernehmen. Das würde heißen, wenn wir sie so übernehmen würden, dann hätten wir die Situation, dass wir dieses Arbeitszeitmanagement, Dagmar hat ja berichtet, per 30.06. kurz vor DAG-Toresschluss haben sie ja noch einen weiteren Ergänzungstarifvertrag gemacht, mit diesem Volumen von 600, das muss ich jetzt nicht alles zitieren, also über die 300 hinaus, das sollen wir alles übernehmen.

 

Dann würde er auch vom Volumen den Leuten nichts wegnehmen wollen, und er könnte sich vorstellen, bezüglich von Zielvereinbarungen, es laufen jetzt seit 2 Jahren Bemühungen mit den Leuten, Zielvereinbarungen machen zu wollen, das heißt, mit dem Betriebsrat soll eine Betriebsvereinbarung zunächst verabschiedet werden, die ist aber noch nicht verabschiedet. Es gibt auch erhebliche Widerstände wohl im Betrieb diesbezüglich. Und sie wollen also das verbinden mit 360 Grad Feedback-Gesprächen, also dass ich sozusagen den Mitarbeiter kritisieren kann, bzw. den Mitarbeiter nicht kritisieren kann, nach dem Motto konstruktive Kritik: „Was könnten Sie besser machen, wie können Sie sich besser verhalten“; und dafür gibt es Schulungsmaßnahmen. Das sind die einzigen, die es da gibt, diese Fähigkeiten sozusagen zu erlangen, vernünftige Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnengespräche zu führen, die letztendlich ja das Ziel haben, einen Umdenkungsprozess bei den Einzelnen herbeizuführen in Richtung Zielvereinbarung.

 

Dass ich mich bereit erkläre, ich mach jetzt nicht mein Ding hier für mich alleine, sondern ich verpflichte mich, innerhalb der Ziele des Unternehmens zu arbeiten, mich auf Zeiten festzulegen, was ich vorher eben nicht so gemacht habe, sondern ich sag zum Beispiel als Projektleiter oder –leiterin, in einem Jahr denke ich, ist das Projekt zu Ende, schaffen wir das mit den und den Mitteln, und dann wird mit mir ein Gespräch geführt: „Also, Sie meinen doch nicht, dass Sie schon wieder ein Jahr lang brauchen? Sie meinen ja wohl, dass Sie das in einem halben Jahr schaffen, also die Kosten steigen ja zu sehr für das Unternehmen.“ Weil, es gibt nämlich jetzt auch innerhalb des Risikomanagements, was eingeführt wird, immer eine Kontrolle der einzelnen Kosten für die einzelnen Projekte, und so müssen sich die Einzelnen verantworten, warum die Kosten da hoch gehen. Und das geht einher eben mit diesen ganzen Zielvereinbarungen.

 

Und da sagt das Unternehmen, der Tarifvertrag, und da komm ich auch gleich zum Ende, der Tarifvertrag, der reicht uns nicht, der reicht uns nicht aus, obwohl IG Metall verhandelt gerade einen Tarifvertrag Arbeiter/Angestellte, gemeinsamer Tarifvertrag, das ist ja wegen der Entgeltstruktur. Und wir wollen, da ist auch mit dem Arbeitgeberverband schon Übereinstimmung vorhanden, dass wenn ein Angestellter beispielsweise Ziele vereinbart mit dem Unternehmen, dass dann der Betriebsrat nach 87 Mitbestimmungsrecht hat und sagen kann: „Dann will ich für diese Extraleistung, die ja dann erfolgt, auch Extrageld haben für diese Extraleistung, und ich will Reklamationsrechte für den Einzelnen haben, damit der sagen kann, ich kriege das alles nicht hin in der Zeit.“ Weil, der Zusammenhang von Arbeit, Zeit und Leistung, was jetzt miteinander sozusagen verknüpft ist, wo die einzelnen Beschäftigten das Problem mit haben, würde der Betriebsrat durch einen Tarifvertrag die Möglichkeit haben, dass der Einzelne wieder den Fuß in der Tür hat.

 

Da will der Arbeitergeber nicht hin, eindeutig nicht hin. Er will auf betrieblicher Ebene einen Anerkennungshaustarifvertrag haben, und will nicht on top was draufpacken auf die Gehälter, sondern er will von den 1,3, es gibt 13,3 Monatsgehälter bei STN Atlas-Elektronik, die 12 will er nicht angreifen, aber die 1,3, die darüber hinaus sind, dieses Volumen, da will er einen Teil-Volumen haben für einen Topf, für einen Fonds, um dann innerhalb der Zielvereinbarungen den Mitarbeitern mehr oder weniger was zu zahlen. Das heißt, er nimmt erstmal allen etwas weg, um es neu zu verteilen. Das Ganze würde dann nicht on top sein, sondern das Ganze ist inklusive sozusagen.

(Zwischenfrage: Das Weihnachts- und Urlaubsgeld dann?)

Ja. Und er will sogar die Tariferhöhungen in den Topf tun. Es gibt ja alle zwei Jahre, je nachdem, welche Laufzeit wir haben, gibt es ja die Tarifverhandlungen, wo wir dann die Tariferhöhungen, 2,2 %, 3 % was auch immer das ist, haben. Bisher ist es so, dass natürlich jeder/jede Beschäftigte diese Tariferhöhung auch auf sein/ihr Gehalt drauf bekommt, auch das ist so seine Vorstellung, das will er zukünftig nicht mehr, sondern diese Erhöhung soll ebenfalls in den Topf gehen, die dann für das Bonussystem mit ausgeschüttet werden soll. Auf jeden Fall ist es so, vielleicht zum Schluss, wir werden die Tarifverhandlungen dazu aufnehmen müssen, weil zurück in den Verband werden wir ihn nicht hinkriegen, weil sonst müssten alle 3000 Beschäftigten sich der IG Metall anschließen, und sofort nachdem der Arbeitgeber aus dem Verband ausgetreten ist per 31.12., ich sag mal, durch Streiks deutlich machen, dass sie ihn in den Verband zurück haben wollen. Und in Anbetracht des Organisationsgrades und ja vielleicht auch der Mentalität, habe ich die Befürchtung, dass wir wohl nur den Anerkennungstarifvertrag, Haustarifvertrag kriegen, dann kommt es natürlich auch auf die Bewegung an, wie qualitativ gut oder schlecht dieser Vertrag dann sein wird.

 

Heiner Stück: Gut. Herzlichen Dank, Inge. Also, man sieht, das ist nicht nur spannend, was Vertrauensarbeitszeit angeht, sondern auch in der Gewerkschaft die Konkurrenz IG Metall/DAG jetzt ver.di, die treten mit getrennten Listen, obwohl gemeinsame DGB-Gewerkschaften, zu den Betriebsratswahlen im Frühjahr an voraussichtlich, und im Weiteren, was ich als Nicht-Jurist nicht so durchschaue, das ganze System von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen, also da ist ja auch viel Zündstoff drin, jetzt noch die Tarifflucht, also das Ganze wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Regulation von Arbeit, Zeit, Leistung durch betriebliche und tarifliche Vereinbarungen für das neu gegründete IAW auch ein spannendes Forschungsprojekt. Ich eröffne jetzt die Diskussion im Plenum. Wir haben jetzt noch eine Stunde Zeit, Peter Stutz wird sich an gegebener Stelle da auch noch als Diskutant einmischen. Also, wir haben ja jetzt zwei Komplexe gehabt, einerseits Arbeitszeitmanagement und andererseits Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und diese problematische Tarifflucht, wie auch die gewerkschaftliche Konkurrenz, also, da brennt es ja ziemlich in dem Betrieb, habe ich den Eindruck. Das war die erste, dann die zweite Meldung.

 

Thomas Blanke: Ich habe nur eine einfache Frage, was haben die Arbeitnehmer von dieser Flexibilisierung, und wie schätzen sie das selber ein?

 

Heiner Stück: Die Leute sind nie befragt worden, man weiß es eigentlich nicht.

 

Werner Fricke: Wir haben ja jemand aus dem Betrieb hier!

 

Dagmar Muth: Also, ich denke schon, dass es darauf ankommt, wie das vor Ort auch läuft. Also, es gibt schon Beschäftigte, die da auch nicht unzufrieden mit sind, die das für sich und mit ihrer Arbeitsform und in ihrem Team tatsächlich auch geregelt kriegen, insbesondere dieses flexiblere Anfangen. Also, wenn ich ein Frühaufsteher bin, kann ich früh kommen, wenn ich aber lieber ein bisschen später aufstehe und lieber ein bisschen länger arbeite, dann kann ich dieses auch tun. Überall dort, wo es praktisch gut läuft, kann ich auch das Haus verlassen, kann meine Einkäufe machen und dann wiederkommen oder irgendwelche anderen Termine dazwischen schieben. Es sind schon auch da entsprechend Vorteile, aber es gibt da keinen Rechtsanspruch drauf. Wenn das in meinem Team nicht klappt oder mit meinem Vorgesetzten nicht machbar ist, dann wird es schon schwierig. Ich denke, dass es auch von Vorteil sein kann, Konten, flexible Konten zu haben, wenn sie nicht zu hoch sind. Auch das sehen die Beschäftigten. Also mal, wenn viel zu tun ist, auch zu sagen: „Ich arbeite ein bisschen länger, weil, wenn meine Kinder Ferien haben, hänge ich eine Woche Urlaub dran, ohne Urlaub nehmen zu müssen, baue ich Zeiten ab.“ Da, wo das machbar ist, ist das vorteilhaft, aber leider ist das meistens eben so, dass es nicht umsetzbar ist, sondern dass die Beschäftigten nicht dann ihre Zeit abbauen können, wenn sie das möchten, sondern wenn es dem Unternehmen am besten in den Kram passt.

 

Heiner Stück: Da war zunächst Margareta Steinrücke, dann Helmut Spitzley, dann Ulrich Mückenberger.

 

Margareta Steinrücke: Das ist ja eine unglaublich komplizierte Gemengelage . Aber genau für unsere Fragestellung ist das eigentlich, wenn man so will, ein idealer Fall, könnte man sagen, weil die ganze Problematik, also mit DAG jetzt ver.di, Betriebsratsmehrheit, und IG Metall-Minderheit kommt ja, wenn ich das richtig verstehe, u. a. auch dadurch zustande, dass ihr es mit einer Beschäftigtenzusammensetzung zu tun habt, die traditionell eben schon eigentlich eher gewerkschaftsfern ist, oder wenn denn überhaupt Gewerkschaft, eher diesen unternehmernäheren Gewerkschaften nahe steht. Und das ist ja eigentlich genau unsere Kern- oder eine unserer Kernfragen, wie ist es möglich, diese gewerkschaftsfernen, traditionell gewerkschaftsfernen Gruppen überhaupt für die Gewerkschaft zu gewinnen? Da stellt sich hier jetzt erstmal so eine ganz einfache Frage, wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass, obwohl doch mehr in der IG Metall organisiert sind als in der DAG, diese DAG-Unabhängigen-Liste die Mehrheit im Betriebsrat bekommen hat, erstens? Zweitens, wie schätzt ihr denn die Chancen bei der nächsten Betriebsratswahl im Frühjahr ein? Und dann stellt sich ja weiter die Frage, wie zufrieden oder unzufrieden sind nämlich die Beschäftigten selbst mit diesen Zeitregelungen, also auch Bonusregelungen, alles was da evtl. in diesen neuen Haustarifvertrag rein soll, und wie weit bietet das eigentlich Ansatzpunkte, so etwas wie Protest überhaupt zu mobilisieren? Also, das wäre ja die entscheidende Frage, ihr könnt ohne den Rückhalt aus der Belegschaft da wahrscheinlich gar nichts machen?

 

Heiner Stück: Wer von euch will darauf antworten?

 

Dagmar Muth: Inge, willst du antworten?

 

Inge Lies-Bohlmann: Ja, soll ich? Ich versuche es mal. Einerseits die Erklärung, warum die Wahl verloren worden ist, habe ich, meine ich, vorhin erklärt, das hatte was mit dieser Entlassungswelle, die vorher war vor der Betriebsratswahl, zu tun, mit den Listen. Das war also ein Punkt, wo es ziemlich hochgekocht ist. Ist das eine Belegschaft, die sagt, das muss ich mir doch nicht antun, ich arbeite hier 20 Jahre im Unternehmen. Das heißt, die waren lange damit verbunden, und plötzlich waren sie von Kündigungen betroffen. Also, das hat auch eine Empörung hervorgerufen, weil ich bin jemand, ich bin nicht irgend jemand, ich bin Ingenieur hier. Also das spielt sicherlich eine ganz große Rolle, damals wie da die Gesetzeslage war, und was dann da stattgefunden hat.

 

Und es kam hinzu, dass schon ein Jahr lang STN zu Atlas gehörte und dieser neue Personalchef eben diesen damaligen Betriebsratsvorsitzenden von STN, der ja keine Funktion mehr hatte, ich sage mal, richtig gefördert hatte, Werbung für sich zu machen. Das war so, der hatte keine Arbeit gekriegt, der hätte ja arbeiten müssen, wie jeder andere auch. Der konnte also ein Jahr lang Werbung machen im Betrieb für sich, ganz klar, dann haben die natürlich eine extra Liste aufgemacht und haben sich abgesprochen mit den Unabhängigen, die auch eine extra Liste hatten, und dann haben sie die Mehrheit errungen, richtig schön gegen IG Metall geknallt nach dem Motto, das sind ja die ewig Gestrigen, die passen sowieso nicht zu euch in der Belegschaft, überlegt mal, getan haben sie für euch auch nichts bei der Entlassungswelle. Also, da ist viel, viel so gelaufen. Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, aber da sind auch schlimme Dinge gelaufen. Mittlerweile weiß die Belegschaft auch, dass es dieses Zusammenspiel gibt.

 

Also, es ist so, dass auf den Betriebsversammlungen, und darum kann ich nicht so richtig einschätzen, wo geht die Reise dahin, es kommen erstmal nur ein Drittel ungefähr, wenn wir Glück haben, die Hälfte, wenn wir Glück haben die Hälfte am Anfang, dann verlassen erhebliche Teile von dieser Hälfte, sagen wir mal, es sind 1500 von 3000 da, dann hat man nachher noch 600 Leute, und mein Eindruck ist, dass das die Gewerkschaftsmitglieder sind. Durch den ganzen Hickhack, durch dieses, dass sie schon auch kein Vertrauen mehr haben, es gibt ja dieses Inliner innerhalb des Betriebes, wo man sich, also Intranet sozusagen, innerhalb des Betriebes, wo man miteinander diskutiert, was jedem offen steht, und da gibt es eine Menge Kritik an dem Betriebsratsvorsitzenden und damit also an Alt-DAG, was dazu führt, dass er sich fürchterlich angegriffen fühlt, und er sagte dann auf der letzten Betriebsversammlung, er wäre gar nicht mehr motiviert, überhaupt noch Betriebsratstätigkeit zu machen, und er kriegte einen erheblichen Applaus. Also das heißt, es schwenkt schon auch um, und alles was irgendwie in Richtung so Gemähre ist: „Und ach, wie schrecklich ist das eigentlich, wir haben soviel für euch getan, und jetzt seid ihr alle so undankbar.“ Das kommt bei der Belegschaft nicht an. Die haben die Schnauze voll. Die gehen einfach. Die stehen auf und gehen, verlassen den Raum: „Müssen wir uns nicht antun, das ist uns zu blöde.“

 

Das kann einerseits bedeuten, dass die IG Metall darüber wieder Fuß fasst. Es kann aber auch bedeuten, dass die sagen, die Gewerkschaften insgesamt wollen wir überhaupt nicht mehr. Weil, die packen das alles in einen Pott, und da wird es, glaube ich, jetzt sehr stark darauf ankommen, inwieweit wir jetzt diese Tarifauseinandersetzung mit dem Arbeitgeber so führen, dass die Leute wissen, worum geht es da, dass wir die Leute hier hinter uns kriegen, und dass Fachkompetenz deutlich wird, wenn es um ihr Geld geht, dass sie sich das einfach nicht so, ich sag mal, wegnehmen lassen. Ein Problem ist aber wiederum dabei, der Arbeitgeber macht es sehr schlau, er klaut ja nicht was vom Gesamtvolumen, es ist ja nicht die gesamte Belegschaft betroffen davon, dass er sagt: „Ich kürze euch die Jahressonderzuwendung“, also das Weihnachtsgeld, sondern er sagt: „Jahressonderzuwendung und Urlaubsgeld, diese Bestandteile nehme ich, packe sie in einen neuen Topf und verteile sie neu.“ Das heißt also, bestimmte Leute wittern mehr Geld daraus und sagen: „Ist doch schön, wenn ich Leistung bringe, will ich auch mehr Geld haben.“ Und diejenigen, die sowieso nicht mehr Leistung bringen, trauen sich vielleicht nicht, etwas zu sagen, weil sie sagen: „Ach, Gott, dann habe ich es verdient.“ Ich sage das jetzt mal so. Also, von daher wird es nicht die gemeinsame Solidarität vielleicht geben in diesem Betrieb. Das ist so meine Befürchtung, wo wir uns mit auseinandersetzen müssen.

 

Heiner Stück: Dagmar wollte das kurz noch ergänzen, hat sie mir gesagt.

 

Dagmar Muth: Ja, ich versuch das kurz. Weil, ich wollte zumindest doch nochmal auf diesen Punkt, also das eine ist, wie zufrieden/unzufrieden sind die Beschäftigten, Inge hat ein Teil gesagt, ich denke, dass wie sich die Beschäftigten auch auf Betriebsversammlungen und so verhalten, ist ein Zeichen von innerer Kündigung. Das erleben wir auch am Arbeitsplatz, dass sie eigentlich wenig motiviert sind, noch etwas zu machen. Dass sie auch wenig motiviert sind, sich in irgendeiner Form für irgend etwas einzusetzen. Wer die Möglichkeit hat zu gehen, und das ist insbesondere bei den jungen Leuten so, die gehen, die bleiben nicht lange bei uns, die Entwicklungsingenieure. Und ich sage das jetzt mal so, ich denke, STN Atlas, also zumindest von Krupp-Zeiten weiß ich das noch, aber ich glaube auch, STN Atlas war eine Zeit lang erste Adresse für junge Leute, die von der Uni direkt gekommen sind, und auch wenn man von anderen Betrieben kam, das ist nicht mehr der Fall. Wir stellen immer häufiger fest, dass wir Leute einstellen, die dann, wenn sie eigentlich kommen sollten, in der Zwischenzeit noch ein anderes Angebot gekriegt haben, und die Stellen wieder frei sind. Das ist für mich ein Zeichen, dass man sich schon, denke ich, Sorgen machen sollte auch als Unternehmensleitung, nur die will es leider nicht wahrnehmen.

 

Und vor so einem Hintergrund einen Protest mobilisieren, da bin ich, sage ich ganz ehrlich, am Verzweifeln, weil vielleicht bin ich da auch zu sehr in den früheren Strukturen groß geworden, hab in diesen Strukturen mich entwickelt, meine Arbeit gemacht. Was ich jetzt einfach feststelle ist, wenn die Leute unzufrieden sind und sozusagen diese innere Kündigung aussprechen, ich komme nicht an sie ran, ich kann sie einfach in keiner Form motivieren. Ich kann auch nicht rüberbringen, dass wir eigentlich nur gemeinsam etwas erreichen können. Also, ich kann da nicht die Vorturnerin spielen oder ein paar wenige Betriebsräte, diese Stellvertreterpolitik klappt dann an bestimmten Ecken einfach nicht mehr. Ich habe immer so gesagt, Tarifverträge wachsen nicht auf den Bäumen, so altbacksch wie sich das vielleicht auch für manche anhört, aber sie sind mühsam erkämpft worden, und es kann nicht modern sein, sie einfach fallen zu lassen. Aber es findet gar keine Auseinandersetzung statt. Und wenn man dann auch noch in so einer Situation ist, dass da zwei Gewerkschaften in unterschiedliche Richtungen laufen, also da auch irgendwie kein gemeinsames Handeln ist, dann irritiert so etwas eine Belegschaft noch mal und spaltet.

 

Der letzte Punkt ist der, es ist ja schon immer mehr Verantwortung in Tüddelchen auf die Belegschaft abgegeben worden. Also, wo früher noch Vorgesetzte beigegangen sind und sozusagen die Beschäftigten unter Druck gesetzt haben und sagten: „Du kannst jetzt nicht nach Hause gehen. Wie, du bist schon wieder krank?“, oder so. Da bedarf es heute nicht unbedingt eines Vorgesetzten, das machen die schon untereinander vor dem Hintergrund dieser ganzen Arbeitszeitgeschichte, dem Druck. Wenn die Zielvereinbarung und das Bonussystem erst kommt, wird es noch schlimmer. Inge sagt gerade, es ist ja auch so gewollt, aber das ist für uns alles noch relativ neu. Da arbeiten wir noch nicht so lange mit. Und ich sage euch ganz ehrlich, also mir fällt es auch sehr schwer zu gucken, wie kriegen wir das jetzt hin, da ranzukommen, und da dann irgendwie auch eine Bewegung hinzukriegen. Und ich bin eigentlich jemand, der lieber beteiligungsorientiert arbeitet, also auch die Belegschaft immer versucht, mit ins Boot zu holen.

 

Deshalb kann ich auch nachvollziehen, weshalb wir bei der letzten Betriebsratswahl einen auf den Deckel gekriegt haben, weil wir haben das einfach nicht getan. Wenn man eine Liste vereinbart zum Personalabbau ohne die Belegschaft, ich sag mal, darüber aufzuklären, was da eigentlich hintersteckt, und im Vorfeld sie mit entscheiden zu lassen, pass auf, wir kriegen so eine Beschäftigungsgesellschaft nur unter der Bedingung, dass wir eine Abbauliste akzeptieren, ja, dann muss man sich nicht wundern, dass die das nicht nachvollziehen konnten. Also, ich konnte das so ein bisschen mit nachvollziehen, dass wir da einen auf den Deckel gekriegt haben, aber das hilft uns alles nichts. Aber die Stimmung ist eine schlechte, mir wäre es lieber in der Betriebsversammlung gewesen, sie würden anfangen zu pfeifen, wenn da jemand Blödsinn redet, und sagen: „Ich will endlich zum konkreten Thema was hören!“, als dass sie innerlich einfach kündigen, aufstehen und gehen. Es gab nicht mal hinterher eine Diskussion im Intranet über die Betriebsversammlung, also nicht einmal das hat stattgefunden.

 

Heiner Stück: Peter Stutz sitzt auf dem Podium, und deswegen ziehe ich ihn jetzt auch vor gegenüber den anderen, weil das passt zu der Stelle.

 

Peter Stutz: Das passt vielleicht auch ganz gut. Ich glaube, dass die Ursachen und Folgen dieser Gesamtmisere, die Dagmar gerade beschrieben hat, sehr weit reichen. Im Kern berühren sie Existenzprobleme von gewerkschaftlicher Interessenvertretung überhaupt. Dahinter steht die gesamte Problematik, die seit einigen Jahren unter dem Motto „Arbeiten ohne Ende“ diskutiert wird. Wir beschäftigen uns damit jetzt im fünften Jahr auch  im Angestelltenausschuss der Bremer IG Metall, weil „Arbeiten ohne Ende“ die Lage von immer mehr Beschäftigten in den Betrieben prägt.

 

Bei STN Atlas war das in diesem Feld deutschlandweit tätige Beratungsinstitut „Hoff & Weidinger“ aus NRW aktiv. Und dieser Beratungsfall gilt nicht zu Unrecht als ein Referenzbeispiel für die Einführung der sogenannten „Vertrauensarbeitszeit“. Wir haben uns mit diesem Fall auch im Angestelltenausschuss auseinandergesetzt.

 

Wie ist zu erklären, dass ein Arbeitnehmer, dem von Hoff & Weidinger bei der Einführung von sogenannter Vertrauensarbeitszeit bei STN Atlas gesagt wird: „Du hast jetzt das große Reich der Freiheit und kannst selber bestimmen, wie lange du arbeitest, und dir redet keiner mehr rein.“, im Ergebnis tatsächlich von sich aus länger arbeitet? Er wird nicht direkt angewiesen,  mehr und länger zu arbeiten, er arbeitet unter Bedingungen, die ihn wie von selbst dazu bringen, so zu handeln.

 

Wie die Ausgleichszeiträume und die Regelungen  im Detail sind, interessiert den Arbeitgeber ja eigentlich nicht besonders. Das Ergebnis zählt. Der  Manager sagt zu den Beschäftigten, ihr habt jetzt Vertrauensarbeitszeit, und er „vertraut“ darauf, dass länger gearbeitet wird. Und das unbezahlt, und diese Rechnung geht auf. Das ist die Situation! Und wir müssen uns fragen, wieso passiert das?

 

Ich kenne Beispiele aus anderen Betrieben, die bieten inzwischen Vertrauensurlaub an. Sogar Vertrauensentgelt ist in der Diskussion... Im ersten Moment könnte man meinen, wir sparen uns die Tarifauseinandersetzungen und lassen uns auf die neuen Managementmethoden ein und bestimmen dann selber, oder die Kolleginnen und Kollegen bestimmen selber, wie viel sie verdienen. Ich warne davor, solche Wünsche oder Forderungen könnten in Erfüllung gehen...

 

Heiner Stück: Gibt es da Ober- oder Untergrenzen?

 

Peter Stutz: Das läuft anders. Der Arbeitgeber setzt nicht direkt Grenzen, er steuert indirekt über Rahmenbedingungen. Die Arbeitnehmer arbeiten in diesem Rahmen sehr selbständig und sie arbeiten wie von selbst länger und bekommen im Ergebnis weniger Lohn.

 

Aber zurück zu STN Atlas. Ich habe mich übrigens ein halbes Jahr lang selber um den Betrieb gekümmert, als Inge sich mit einem gebrochenen Fuß zurückziehen musste und es um die Einführung der Vertrauensarbeitszeit ging. Ich möchte noch einige Erfahrungen von dem Konflikt bei STN Atlas schildern, die ich für typisch halte und die meiner Meinung nach über das konkrete Beispiel hinaus wichtig sind.

 

Auf Initiative der IG Metall wurden bei STN Atlas die Beschäftigten selbst zur Einführung der sogenannten  Vertrauensarbeitszeit befragt. Das Ergebnis war eindeutig, die Belegschaft hatte entschieden: Wir wollen weiterhin Arbeitszeiterfassung, und wir wollen, dass die Arbeitszeit weiter bezahlt wird.Dann gab es erst noch das agreement mit dem Management, die Arbeitszeit wird weiter auf freiwilliger Basis erfasst, und wer das wollte, machte es. Aber danach ist das Arbeitszeitsystem nicht mehr von der Personalabteilung ausgewertet und gepflegt worden, und später sind die Geräte zur Arbeitszeiterfassung ganz  abgebaut worden. Damit war das agreement auf kaltem Weg erledigt.

 

Es ist ja nicht so, dass die Beschäftigten nicht durchblicken, dass die sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“ dazu führt, dass sie länger arbeiten, sondern sie erkennen es durchaus. Wie kommt es, dass sich die Leute trotzdem darauf einlassen? Dagmar hat vorhin beschrieben, wie auf die Beschäftigten Kompetenzen übertragen werden. Die Arbeit wird selbständiger, bleibt aber abhängiges Beschäftigungsverhältnis, also Lohnarbeit. Der Prozess läuft in vielen Fällen wie im Selbstlauf. Informelle Zielvereinbarungen sind in den meisten Betrieben gang und gäbe. Insbesondere - aber nicht nur - in Bereichen mit qualifizierteren Tätigkeiten. Wenn einem Angestellten vom Vorgesetzten gesagt wird, bis dann brauchen wir das, dann hat das den Charakter einer informellen Zielvorgabe. Und wenn der Vorgesetzte schlau ist, dann sagt er eben nicht: „Machen Sie das bis Montag“, sondern dann sagt er: „Montag kommt der Kunde. Was meinen Sie, Sie können das besser beurteilen, wie können wir das in den Griff kriegen?“ Dann ist der Kollege gebauchpinselt, weil seine eigene Kompetenz gefragt ist. Dann ist er oft so motiviert, dass er sich ein Bein ausreißt, und dem Vorgesetzten das Ergebnis womöglich noch Sonntagabend bringt, damit der sich noch auf Montag vorbereiten kann.

 

Thomas, du als Jurist weißt es besser als ich: Nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet sich ein Arbeitnehmer, seine Arbeitskraft für  eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen, und der Arbeitgeber verpflichtet sich, dafür einen festen Lohn zu zahlen, und er muss dafür sorgen, dass auch Arbeit da ist. Das sind die arbeitsvertraglichen Grundlagen.

 

Bei der sogenannten Vertrauensarbeitszeit verzichtet der Arbeitgeber auf sein Kontrollmittel, er verzichtet auf die Erfassung der Arbeitszeit. Ihn interessiert nur das Ergebnis. Und die Gewerkschaft wie der Betriebsrat  fordert die Arbeitszeiterfassung, damit wir verhindern können, dass zu lange gearbeitet wird. Der Mechanismus wird also umgedreht. Früher kontrollierte der Arbeitgeber über die Zeiterfassung die Arbeitsleistung, jetzt braucht der Betriebsrat die Kontrolle der Arbeitszeitgrenzen, um den Arbeitnehmer schützen zu können.

 

Der Betriebsrat kommt jetzt, nicht nur bei STN Atlas, sondern auch in anderen Betrieben, in eine schwierige Situation. Wenn er die Kolleginnen und Kollegen darauf hinweist, dass sie die arbeitszeitlichen Grenzen nicht eingehalten haben, dann empfinden  die Kolleginnen und Kollegen den Betriebsrat als ein Hindernis auf dem Weg der eigenen persönlichen Zielerfüllung. Sie fühlen sich bevormundet und lehnen das Verhalten des Betriebsrates ab. Auch wenn sie wissen, dass der Betriebsrat sie nur schützen will.

 

Das ist die Situation, in die Beschäftigte durch die neuen Managementmethoden gebracht werden. Und wenn es ihnen weitgehend freigestellt ist, wie sie ihre Arbeit im Rahmen ihrer Ziele machen nach dem Motto „Macht was ihr wollt, aber seid profitabel“, so wie das von Glißmann und Peters formuliert wird, dann ist das im Profitinteresse des Kapitals wirksam. Dabei merken die Betroffenen nicht, dass sie vom Management indirekt gesteuert werden. Wie selbstverständlich werden die Ziele, ihre Arbeitsziele von den vorgegebenen Unternehmenszielen, von der Profitvorgabe abgeleitet. Werden die Ziele nicht erreicht, dann droht Desinvestition, dann ist der Arbeitsplatz in Gefahr. Die Arbeitnehmer müssen sich zunehmend selbst darum kümmern, dass auch Arbeit da ist.

 

Mit den klassischen Mitteln der Stellvertreterpolitik können Betriebsräte dem nicht begegnen. Wer meint, man könne dann als Arbeiterführer sozusagen dem Proletariat Ziel und Richtung weisen und es zu neuen Ufern führen, der fährt vor die Wand. 

 

Es geht darum, neue Formen der Interessenvertretung gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen zu entwickeln. Wenn es eine Erkenntnis aus diesen Prozessen gibt, dann ist es die, dass es ohne das Engagement der Kolleginnen und Kollegen selber nicht geht. Diese Probleme kann niemand, kein Betriebsrat und kein Gewerkschafter für die Kolleginnen und Kollegen lösen. Wir müssen die Betroffenen dabei  unterstützen und nicht bevormunden. Und das ist ein Grundsatzproblem. Wenn es so ist, dass die Kolleginnen und Kollegen selber gegen die im Tarifvertrag verankerten Rechte handeln, dann kann man sie nicht gegen ihren Willen davor schützen.

 

Arbeitszeit ist ein Kernbereich der Tarifverträge, und Arbeitszeit ist Geld. Über die Arbeitszeit definiert sich auch das Einkommen. Wenn wir heute die Situation haben, dass in zunehmendem Umfang Urlaubstage verfallen, Arbeitszeitguthaben verfallen, dann ist das ja ein Ausdruck davon, dass die Kolleginnen und Kollegen offensichtlich keine Möglichkeit sehen, wie sie dort aus dieser Situation herauskommen können. Ich glaube, das ist das eigentliche Problem: Was fangen wir denn mit einem Tarifvertrag an, der von immer mehr Kolleginnen und Kollegen selber nicht in Anspruch genommen wird, sondern tendenziell wie ein Warenhauskatalog wahrgenommen wird, der mit der eigenen Situation vielfach nichts mehr zu tun hat?

 

Vertrauensarbeitszeit gibt es bei STN Atlas offiziell. Ich behaupte, dass es in allen Bremer Großbetrieben und in den meisten Bremer Klein- und Mittelbetrieben bereits faktisch für immer mehr Beschäftigte „Vertrauensarbeitszeit“ gibt. Entweder offiziell, dort wo die Arbeitszeit nicht mehr formell erfasst wird, auch im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen. Und dort, wo die Arbeitszeit erfasst wird, wird dies in bestimmten Bereichen trotzdem von den Beschäftigten selber unterlaufen. Im Übrigen auch augenzwinkernd mit wohlwollender Duldung sonst sehr patriarchalischer  Arbeitgeber, die nur dann darauf zurückkommen, wenn sie das als Disziplinierungsmittel benutzen können.

 

Heiner Stück: Gut. Vielen Dank, Peter. Gleichwohl, ich erlaube mir als Moderator ein, zwei Sätze dazu zu sagen. Man muss ja sehen, dass mit dem Langzeitkonto bei STN, 600 Stunden bei einem Ausgleich innerhalb von 5 Jahren, gut, wo man dann oberhalb der Vertragsarbeitszeit eben eine Planarbeitszeit festmacht, meinetwegen 40 Stunden, so dass ein Teil der Überstunden, die sonst immer unbezahlt gearbeitet worden sind, ja nun nicht verfällt. Und wir haben ja mal vor Jahren unter etwa 2000 Angestellten in der Metallindustrie hier in Bremen eine Umfrage gemacht, und so ein Ingenieur arbeitet nun mal 45 Stunden die Woche, 9 Stunden am Tag. Und wenn die jetzt bei STN eine Planarbeitszeit machen von 40 Stunden, die Angestellten wünschen vielleicht 40 Stunden, laut Tarifvertrag sind es 35 bei euch, dann werden wenigstens die 5 Stunden bezahlt. Also, ich würde sagen, dass das Langzeitkonto irgendwo ambivalent ist, auf der einen Seite verfallen auf diese Weise viele Überstunden nicht, auf der anderen Seite werden sie geparkt auf ein Konto, wo man innerhalb einer bestimmten Zeit dann, sei es in Geld, sei es in Zeit, trotz aller Probleme, die damit verbunden sind, einen gewissen Ausgleich haben kann. Ich halte es allerdings dann auch für problematisch, wenn Menschen mit 40 Jahren an jedem Samstag arbeiten, damit sie ein Jahr früher in den Ruhestand gehen können, vielleicht sind sie vorher auch schon tot. Das ist eine ganz schwierige Geschichte. Auf der einen Seite wird was gerettet, was sonst verfällt, auf der anderen Seite kann das auch ein Ansparverhalten mit sich bringen, das unter Umständen das Leben im Alltag, in der Gegenwart, irgendwie ausschließt für ein unbekanntes Ziel. Und da hat Zeit eben eine andere Qualität, Lebenszeit, als Geld, also jetzt von der Identität her betrachtet, ist das nicht völlig konvertibel.

 

Peter Stutz: Heiner, das lässt mir keine Ruhe. Einmal sage ich dir, bei meiner VW-Zeit - ich habe lange bei VW gearbeitet - da gab es einen kleinen Aufkleber, der zeigte einen Grabstein mit der Inschrift: „Hier ruht  Karl, er nahm jede Überstunde mit, jetzt bummelt er ab“. Das fällt mir immer noch wieder dabei ein.

 

Nur das war noch eine andere Situation, die diese Karikatur zum Ausdruck brachte. Damals sind die Beschäftigten zur bezahlten Mehrarbeit direkt gezwungen worden. Wenn der Betriebsrat (unter dem Druck der Bedingungen) und die Unternehmensleitung Mehrarbeit vereinbaren, dann ist der einzelne Arbeitnehmer individuell gezwungen, die Mehrarbeit zu machen, das läuft gegen seinen Willen. Das war die Situation und das gibt es heute auch immer noch in vielen Betrieben: Zum Beispiel auch heute noch bei Mercedes, wenn zum Beispiel Samstagsschichten vereinbart werden.

 

Das ist aber heute vielfach nicht mehr die Lage. In vielen Betrieben beschließen die Beschäftigten selber, ich arbeite jetzt länger. Das ist in den Betreuungsbereichen, in denen ich tätig bin, oft schon die Regel.  Nun habe ich mehr, wie hast du das vorhin so schön gesagt, die Angestelltenbuden in Bremen, da ist das fast gang und gäbe.

 

Bei Mercedes in Sindelfingen läuft eine Klage des Betriebsrates gegen verfallende Arbeitszeit. Ständig wurde in den Entwicklungsabteilungen länger gearbeitet, und die Arbeitszeit verfiel unbezahlt ohne dass irgendwas passierte. Dagegen hat der Betriebsrat geklagt. Das Gericht hat in erster Instanz entschieden, dass dagegen kollektivrechtlich der Betriebsrat nichts machen könne. Aber individuell könne der Einzelne natürlich dagegen klagen. Aber nur der Arbeitnehmer selbst könne klagen, und er würde es dann auch bezahlt bekommen, wenn er länger gearbeitet habe.

 

Die Realität ist nur, es macht keiner. Und da muss man sich ja fragen, wie kommt das? Ist das jetzt nur so, dass die Leute sich nicht trauen, den Arbeitgeber zu verklagen? Das wäre sozusagen das alte Erklärungsmuster gewesen, mit dem wir da früher herangegangen wären. Und da hätte man ihm einen guten Juristen besorgt und darauf hingewiesen, trete in die IG Metall ein, dann hast du Rechtsschutz, und dann machen wir das schon. Und das ist sicher auch oft noch die Lage.

 

Und bei Mercedes ist in dieser Auseinandersetzung aktuell genau so etwas gemacht worden. Da ist ein Langzeitkonto vereinbart worden, was ich auch gut finde, um überhaupt zu versuchen, diesen Bereich zu regulieren. Es gibt da die Möglichkeit, irgendwelche Sabbatzeiten zwischendurch zu nehmen, unterschiedlichster Länge. Ich will das nicht im Detail ausführen.

 

Aber es geht ja offensichtlich über diesen alten Weg immer weniger. Und da müssen wir uns doch fragen, wie kommt denn das? Das ist der Kernpunkt, um den es mir hier geht. Wenn der einzelne Arbeitnehmer, die einzelne Arbeitnehmerin in dieser Situation nicht selber auch subjektiv das eigene Interesse erkennt und sich dafür einsetzt: „Ich will, dass diese Arbeitszeit nicht verfällt, es ist in meinem Interesse!“, und seine Interessenlage in dieser Situation erkennt: „Das ist meine Leistung, die ich gebracht habe, die will ich bezahlt bekommen!“, dann nützt dir auch das beste Konto und die beste Regelung, die du dazu hast, gar nichts mehr. Die Regelung der Arbeitszeit muss von den Leuten wirklich selbst gewollt und gelebt werden. Sie darf von den Kolleginnen und Kollegen nicht als ein Hindernis bei der persönlichen Entfaltung wahrgenommen werden. Ein Kernproblem bei diesen neuen Problemen ist eben, dass es sehr schwierig ist, in der konkreten Situation zu identifizieren, was ist denn eigentlich mein eigenes Interesse und was ist das Unternehmensinteresse? Und das auseinander halten zu können, ist die Voraussetzung für wirksame Interessenvertretung.

 

Ich guck zu Eberhard hin, weil Eberhard mich bei meiner Diplomarbeit mit geprüft hat. Thema war die Durchsetzung der 40-Stunden-Woche, und in der Einleitung hatte ich geschrieben, dass jetzt die allgemeine Krise des Kapitalismus auch das System der Bundesrepublik erfasst habe. Es ist, glaube ich, heute noch richtig, was ich damals geschrieben habe.  Nur, dass es möglich ist, Probleme der Kapitalverwertung noch so lange in den Griff zu bekommen, indem mit Hilfe von Managementmethoden wie der sogenannten „Vertrauensarbeitszeit“ der Wille der Arbeitnehmer für Kapitalverwertung instrumentalisiert werden kann, das hätte ich nicht für möglich gehalten.

 

Ich sehe auch bei STN Atlas nur einen Weg, den man gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen entwickelt und der unmittelbar ansetzt bei der persönlichen Betroffenheit: „Wie erlebe ich als Arbeitnehmer diese Situation? Was nützt mir?“ Und dann ist da die Frage nach der Rolle der Gewerkschaften für die Kolleginnen und Kollegen: „Wer hilft mir denn jetzt dabei?“ Bei STN Atlas wird das von vielen Beschäftigten nach meiner Wahrnehmung so wahrgenommen: „Da behaken sich jetzt unterschiedliche Funktionärsgruppen, die behindern sich gegenseitig. Die eine arbeitet mit der Geschäftsleitung dabei auch noch gegen mein Interesse zusammen. Die andere setzt sich zwar für mich ein, aber aus meiner Situation komme ich nicht heraus, und das hilft mir nicht, was hier passiert.“ Auf diese Meinung stoße ich auch in etlichen Tochterfirmen von STN Atlas.

 

Wir brauchen eine Strategie, die ansetzt an den konkreten Interessen: „Wie gehe ich denn jetzt mit meinem Projekt, mit meinem Arbeitszeitproblem um?“ Das ist der entscheidende Knackpunkt. Nur wenn es uns gelingt, dabei den Kollegen wirklich zu helfen, und das gemeinsam mit den Kollegen zu machen, haben wir auch eine Aussicht darauf, dass wir das Problem in den Griff bekommen können. Dabei dürfen wir  nicht als der besserwissende Helfer auftreten, sondern als ein qualifizierter Dienstleister in Sachen Interessenvertretung.

 

Heiner Stück: Danke, Peter. Ich habe jetzt fünf Wortmeldungen, zunächst Helmut Spitzley, dann Ulrich Mückenberger.

 

Helmut Spitzley: Eine Frage noch mal zum Unternehmen, da gab es eine Abstimmung darüber, habe ich so verstanden, die Stechuhren abzuschaffen. Wie ist diese Abstimmung ausgegangen? Und wie wird die Zeiterfassung überhaupt gemacht? Nur durch Selbstaufschreiben?

 

Dagmar Muth: Soll ich das ganz kurz beantworten? Also, es war eine Umfrage, die wir gemacht haben unter den Beschäftigten. Es gab drei Schwerpunktfragen, das eine war eben dann die Zeiterfassung, und es war eine deutliche Mehrheit der Belegschaft dafür, ich glaube, es waren 1500 etwa, die sich dafür ausgesprochen haben, es haben ja auch nicht alle mitgemacht, dass eben die Zeiterfassung beibehalten bleiben soll. Es gab darum sogar eine Bewegung in der Belegschaft. Also, das war ein Punkt, wo tatsächlich die Kolleginnen und Kollegen sich bewegt haben, sogar zum Betriebsrat gegangen sind und mit dem Betriebsrat diskutiert haben. Was wir alle zu dem Zeitpunkt nicht gesehen haben, ist aber, in dem Moment, wo der Arbeitgeber die Zeiterfassung abschaffen will, haben wir überhaupt keine Mitbestimmung. Kann er jederzeit so tun. Wir haben zwar eine Mitbestimmung, wenn er sie einführen will, aber wir haben keine Mitbestimmung, wenn er sie abschaffen will. Und über den Dreh, es dauerte dann zwei, drei Monate, ging das langsam, wurde die Zeiterfassung immer schlechter gemacht, und irgendwann bauten sie die Zeiterfassungsgeräte ab. Und wir wollten auf die Barrikaden gehen und stellten fest, ist nichts, können wir nichts machen. Das ist der Punkt!

 

(Bandende: Der Rest der Diskussion (½ Std.) konnte nicht mehr dokumentiert werden.)

 

Nachtrag (Heiner Stück)

 

1.           Die Betriebsratswahl bei STN Atlas Elektronik fand am 13. März 2002 statt. Die
IG Metall erreichte eine 2/3-Mehrheit im Betriebsrat: 14 Sitze für die IG Metall,
4 Sitze für ver.di (Ex-DAG) sowie 3 Sitze für die „Unabhängigen“. Zur Betriebsratsvorsitzenden wurde Dagmar Muth (IG Metall) gewählt. Im alten Betriebsrat hatte die IG Metall nur 8 Sitze; die DAG (nach der Fusion im Sommer 2001: ver.di)
bildete als damals stärkste Fraktion (11 Sitze) zusammen mit den „Unabhängigen“ (2 Sitze) die Mehrheit des Betriebsrates.

2.           Zur Konkurrenz der DGB-Gewerkschaften ver.di und IG Metall um die Zuständigkeit bei STN Atlas Elektronik GmbH: Das Tarifschiedsgericht des DGB hat am 4. April 2002 einen Spruch zur Tarifzuständigkeit bei STN Atlas Elektronik gefällt. Das Schiedsgericht hat festgestellt, dass die IG Metall im DGB für STN Atlas Elektronik zuständig ist. Das Schiedsgericht hat entschieden, dass sich die DGB-Gewerkschaft ver.di verpflichtet, nicht mehr als zuständige Gewerkschaft aufzutreten und keine neuen Tarifverträge mehr abzuschließen. Der Ersatzantrag von ver.di auf eine gemeinsame Tarifzuständigkeit von ver.di und IG Metall wurde vom Schiedsgericht abgewiesen.

3.           Der Arbeitgeber war zum 31. Dez. 2001 aus dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie ausgetreten. Die Forderung der IG Metall, der Arbeitgeber möge wieder in den Verband eintreten, hat der Arbeitgeber bisher nicht erfüllt.

4.           Der Bremer Rüstungsbetrieb STN Atlas Elektronik GmbH gehörte bis zur Auf­spaltung im August 2003 als Gemeinschaftsunternehmen zu 51 % dem deutschen Rheinmetall-Konzern und zu 49 % dem britischen Konzern British Aerospace. Rückwirkend zum 1. Januar 2003 wird das bisherige Gemeinschaftsunternehmen in zwei Firmen aufgeteilt: (1) In der Rheinmetall Defence Electronics GmbH
(100 %-Tochter von Rheinmetall) werden die Geschäftsbereiche Land- und
Flugsysteme sowie die Simulationstechnik zusammengefasst. (2) Der Marinebereich (Naval Systems) gehört als 100 %-Tochter nunmehr vollständig dem Konzern
British Aerospace Systems. Diese neue Firma wird unter dem alten Namen Atlas Elektronik GmbH geführt. Etwa 1600 von 3200 STN-Beschäftigten werden von Atlas Elektronik übernommen, etwa 1600 Beschäftigte von der Rheinmetall-Tochter Defence Electronics. Beide Firmen bleiben am Standort Bremen erhalten. In beiden Firmen werden zur Zeit neue Betriebsräte gebildet.

 

Vertrauensarbeitszeit